Nach der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) müssen bald alle Radios in Neuwagen digitalen Rundfunk empfangen können. Was bedeutet das für den Standard DAB+?
Das Gesetz bildet die Grundlage dafür, dass künftig wohl noch mehr Menschen DAB+ fähige Radios kaufen. In Deutschland sind zwischenzeitlich bereits 12 Millionen Digitalradios im Markt. Wir wissen, dass heute der Anteil der DAB+ fähigen Geräte an allen verkauften Radiogeräten in Deutschland im Schnitt bei ca. 30 Prozent liegt. In Bayern sind es sogar 42 Prozent. Durch die Neuregelung erwarten wir noch einmal eine deutliche Erhöhung der Marktanteile. Denn gerade die Hörfunknutzung im Auto ist ein wichtiger Teil der Information (Stichwort: Verkehrsfunk) und Unterhaltung der Menschen.
Einen weiteren Aspekt, der uns sehr beschäftigt, möchte ich in diesem Zusammenhang erläutern: Die KEF macht uns schon seit ihrem 19. Bericht vom Februar 2014 sehr deutlich, dass die parallele Ausstrahlung von UKW und DAB+ im Simulcastbetrieb für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht dauerhaft finanziert werden wird. Ausgehend von unserer allseits bekannten Finanzsituation ergibt sich zwangsläufig die Frage, wann und wie ein Rückbauszenario bei UKW starten könnte.
Die Regelung gilt ab dem 21.12.2020. Wie bewerten Sie das Stardatum und können Autokäufer dann wirklich sicher sein, ab diesem Datum garantiert DAB+ im Neuwagen vorzufinden?
Die Hersteller konnten sich mit genügend Vorlauf auf die Regelung vorbereiten und haben dies auch getan. Wir sind im Kontakt mit einigen deutschen Automobilherstellern und gehen davon aus, dass die Hersteller alle rechtzeitig die entsprechenden Vorkehrungen getroffen haben. Dass die Regelung z.B. in Norwegen durch die UKW-Abschaltung de facto schon früher gegriffen hat, hilft uns, da wir aus den dort gewonnenen Erfahrungen lernen können.
Jetzt ist die Novelle des TKG in Kraft, was waren auf dem Weg dorthin die größten Herausforderungen für Sie als Verhandlungsteilnehmer?
Am 20.12.2018 ist der neue Europäische Kodex für elektronische Kommunikation (EECC) in Kraft getreten. Diese Richtlinie verlangt unter anderem, dass alle in der EU verkauften Autoradios in der Lage sein müssen, digitales, terrestrisches Radio (DAB / DAB+) zu empfangen. Dieser Kodex gab den Mitgliedsstaaten sogar die Freiheit, Maßnahmen einzuführen, die digitalen Radioempfang auch in Nicht-Autoradios zur Pflicht machen.
Die Digitalisierung ist im aktuellen Regierungsprogramm der Großen Koalition verankert. Damit bekannte sich die Bundesregierung ausdrücklich auch zum Ausbau des digitalen Rundfunks. Dass das so geschehen ist, ist die größte Herausforderung gewesen und darüber sind wir sehr dankbar.
Welche Zukunft hat die IP-basierte Verbreitung von Radioprogrammen angesichts der TKG-Novelle?
Die ARD hatte schon immer auf ein hybrides Modell aus terrestrischem Digitalradio und Programmverbreitung über Internet gesetzt. Dies ist allein schon der Tatsache geschuldet, dass nichtlineare Formate wie z.B. unser Podcast-Angebot die letzten Jahre eine erfreulich starke Steigerung der Nachfrage erlebte. Die Terrestrik ist aus unserer Sicht sehr zuverlässig und in den Ausstrahlkosten für die Anbieter sehr gut planbar. IP-Radio ist für viele Angebote und Formate ein wichtiger und ergänzender Verbreitungsweg.