Vom Marketing bis zum Stadtrundgang per App verändert die Digitalisierung den Städtetourismus. Welche digitalen Angebote sind derzeit Ihre wichtigsten? (Bzw.: Welche herausragenden Projekte planen Sie in nächster Zukunft?)
Als Tourismusinstitution der Stadt Trier verstehen wir unsere Aufgabe darin, Dienstleister zu sein und unterschiedliche Bedürfnisse unserer Besucher zu bedienen. In diesem Zusammenhang hilft uns die Digitalisierung bei unseren Bemühungen, den Kunden ein abwechslungsreiches Programm und einen einfachen Zugang zu unseren Angeboten zu gewährleisten. So können sie beispielsweise alle unsere Stadtrundgänge, -fahrten und Erlebnisführungen online buchen und vor Ort in papierloser Form per Smartphone oder Tablet vorzeigen.
Eine neue Multimediaführung in der Porta Nigra macht unser Wahrzeichen auf neuartige Weise per Computerrekonstruktionen erlebbar. Hierdurch können die Besucher auch diejenige Geschichte sehen, die eigentlich gar nicht mehr sichtbar ist: Die virtuelle Rekonstruktion und Animation der heute verlorenen Kirchenräume, die es in der mittelalterlichen Porta Nigra gegeben hat, macht es möglich. So wird die wechselvolle Baugeschichte der Porta Nigra erstmals für den Besucher sicht- und erfahrbar. Benutzer von Smartphones können die Multimediaführung kostenlos auf dem eigenen Gerät implementieren – dazu steht eigens ein internes WLAN-Netzwerk zur Verfügung. Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, Multimediaguides gegen einen kleinen Aufpreis an der Kasse auszuleihen. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dieser Form des virtuellen Rundgangs sind von Seiten unseres Partners, der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), die die Römerbauten in Trier verwaltet, weitere Multimediaführungen geplant.
Insbesondere der Ausbau eines flächendeckenden kostenlosen WLan-Netzes im Bereich der Trierer Innenstadt bietet bisher ungeahnte Möglichkeiten der Vernetzung und Kommunikation. Diese neue, in Trier von den Stadtwerken betriebene, technische Infrastruktur wird aus unserer Sicht mittelfristig auch im Bereich des Tourismus verstärkt Anwendung finden, und letztlich einen deutlichen Mehrwert für die Besucher generieren.
Gerade der Tourismus zu klassischen Sehenswürdigkeiten spricht oft ältere Zielgruppen an. Über welche digitalen Wege sprechen Sie diese an?
Insbesondere unsere älteren Zielgruppen möchten auf die klassische Broschürenwerbung nicht verzichten. Hinzu kommt eine klassische, analoge Ansprache, auf die wir größten Wert legen. Wir sind fast das ganze Jahr über an sieben Tagen in der Woche kontaktierbar.
Gleichzeitig verlagert sich aber auch in der Generation der so genannten Silver Surfer das Buchungs- und Informationsverhalten verstärkt in den digitalen Bereich. Aus Sicht der Trier Tourismus und Marketing GmbH wird sich der Schwerpunkt des Tourismusmarketings dabei in den kommenden Jahren verstärkt in Richtung Dialog-Marketing bewegen. Internetauftritte, Social Media-Kanäle und sonstige Digitale Medien werden entsprechend zunehmend an Bedeutung gewinnen und ermöglichen aufgrund des technischen Fortschrittes neue Wege individueller Kundenakquise, -betreuung und –pflege. Zufriedene Kunden fungieren darüber hinaus aufgrund ihrer eigenen Aktivitäten im Netz als Multiplikator, und erhöhen so die Reichweite der digitalen Marketingaktivitäten.
Schon jetzt versuchen wir, über Bestellfunktionen, Downloadmöglichkeiten und ein engmaschiges Informationsmanagement auf unserer Internetseite die Bedürfnisse unserer Zielgruppen bestmöglich zu bedienen. Für die kommenden Jahren haben wir hier einen kompletten Relaunch geplant. In unserem neuen Internetauftritt werden die Themen Content Management, Zielgruppenansprache und Barrierefreiheit eine wichtige Rolle spielen.
Das Bundesverkehrsministerium plant nach Medienberichten ein bundesweites E-Ticket für den ÖPNV. Inwieweit kann das den Städte-Tourismus voranbringen? (Bzw.: Schadet es eventuell sogar, weil es Hürden für bestimmte Zielgruppen schaffen könnte?)
Im Rahmen der E-Ticket-Initiative, durch die bis 2019 Papiertickets überflüssig werden sollen, beschäftigt sich auch der Verkehrsverbund Trier mit diesem Thema. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Anbieter und der Größe des Verkehrsverbundes konnte dies noch nicht verwirklicht werden. In der Tourist-Information spüren wir hierbei jedoch bisher keinen Nachteil. Die Kunden suchen bei uns Informationen zum Nahverkehr und seinen Verbindungen. Die Zahlart ist dabei meist vor nachrangiger Bedeutung.
Auch wenn wir der Meinung sind, dass ETicketing- Systeme in erster Linie für die Bewohner einer Region, insbesondere für berufs- oder schulbedingte Pendler, von erhöhtem praktischen Nutzen sind, gehen wir davon aus, dass gerade jüngere Besucherschichten solche Serviceangebote zukünftig verstärkt nachfragen werden. Die zunehmende Nutzung von Smartphones als digitales All-in-one- Tool ist aus dem täglichen Gebrauch nicht mehr wegzudenken. Der so mögliche schnelle und unkomplizierte Zugriff auf Informationen, Buchungssysteme und Bezahlmöglichkeiten wird aus unserer Sicht demnach mittelfristig auch im gesamten Produktportfolio rund um Kultur und Tourismus Einzug halten.
Mit Share-Plattformen erwächst den Hotels Konkurrenz durch Privatübernachtungen. Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus für Ihre Stadt?
Die ttm lebt von einem vertrauensvollen Verhältnis mit allen ihren Kooperationsbetrieben, darunter viele Hotels und offizielle Ferienwohnungen. Diese Zusammenarbeit auch marketingstrategisch zu fördern, ist eine wichtige Aufgabe. Sicherlich können Share-Plattformen in Hochzeiten mit ausgelasteten Hotels für eine Entlastung auf Kundenseite führen, was wir prinzipiell begrüßen - Touristen sollen ja die Möglichkeit besitzen, auch in der Hochsaison nach Trier zu kommen und übernachten zu können. Dass solche Übernachtungsformen mit ihrem Fokus auf Stadt und Menschen erleben statt „nur“ übernachten auch vor dem Hintergrund eines Stadtmarketings Vorteile bietet, ist unbestritten. In erster Linie gilt unser Augenmerk jedoch der Förderung der festen Übernachtungsbetriebe. Insbesondere deren qualitativ hochwertiger Leistungs- und Servicestandard übersteigt in aller Regel die von Shareplattformen angebotene reine Übernachtungsmöglichkeit um ein Vielfaches. Das oftmals mit den neuen Übernachtungsformen verbundene Wohnen als Erlebnis- Prinzip wird jedoch aus unserer Sicht auch die festen Hotelleriebetriebe fordern, und diese zu neuen Denkweisen und Angebotsformaten animieren.