Highscores, Fortschrittsbalken und virtuelle Belohnungen als Motivation am Arbeitsplatz, in der Schule, im Studium – Experten nennen den Trend Gamification. Mit Spielelementen soll die Effizienz gesteigert werden.
„Grundsätzlich lässt sich Gamification überall da einsetzen, wo bestimmte Tätigkeiten für Menschen motivierender gestaltet werden sollen“, sagt Felix Falk, Geschäftsführer des BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware. Das könne im Kontext von Bildungs- und Schulungsmaßnahmen geschehen aber auch im Bereich der Kundenbindung, wenn etwa regelmäßige Käufer eines Produkts mit bestimmten Boni belohnt werden. Einen starken Trend beobachtet er aktuell im Bereich Fitness und Gesundheit. Unter dem Begriff „Health Games“ werden viele Anwendungen angeboten, die Menschen spielerisch bei sportlichen Aktivitäten unterstützen, etwa Trainings-Apps oder Lauf-Apps, bei denen der Nutzer beim Joggen vor virtuellen Zombies davonläuft.
Für den Erfolg solcher Anwendungen ist es entscheidend, „sich an den Bedürfnissen der Nutzenden zu orientieren und die jeweilige Anwendung an die Zielgruppe anzupassen“, erklärt Prof. Dr. Sonja Ganguin, Direktorin des Zentrums für Medien und Kommunikation an der Uni Leipzig. Nach ihren Beobachtungen fördern spielerische Elemente eher die Motivation von jüngeren Lernenden und eher das Lernen in der Schule.
„Bezüglich der Zielgruppe von Erwachsenen, z. B. bei der Arbeit oder in der Weiterbildung, zeigen Studien, die ich durchgeführt habe, dass sie in diesen für sie ernsten Kontexten nach Spiel aussehende Dinge eher ablehnend gegenüberstehen.“ Gamification scheint der Forscherin bei dieser Zielgruppe eher erfolgversprechend, wenn sie das Vorhandensein von Spielmechanismen gar nicht bemerken. Für Erwachsene in formalen Lernsettings seien dann weniger Punkte, Abzeichen etc. wichtig, „sondern sanfte Progression, die durch ein stetes Feedback, z. B. durch Fortschrittsanzeigen transparent und unaufdringlich vermittelt wird.“
Auch Konstantinos Drachtidis, Senior User Experience Design Specialist SAP, weiß, dass die Motivation beim Arbeiten ein heikles Thema ist. „Die Frage ist, ob man beispielsweise einen Buchhalter mittels Gamification-Konzepten zusätzlich motivieren kann, die nächsten 300 Rechnungen innerhalb eines Tages mit mehr Spaß zu bearbeiten.“ Für Designer sei es eine große Herausforderung, diese Rechnungen über eine vereinfachte, nutzbare und einfach navigierbare Anwendung editierbar zur Verfügung zu stellen.
Generell sollten die Spiel Mechanismen daher nicht oberflächig und nachträglich über bestehende Prozesse gestülpt werden. Wichtig ist auch der Nutzer selbst. Die Mechaniken müssen so entwickelt werden, dass der Nutzer nicht von den Möglichkeiten des Systems ausgebremst wird und die spielerischen Elemente nicht als unvermeidliche Hindernisse wahrnimmt. „Er muss das Gefühl haben, ständig Überblick und Kontrolle über den gesamten Ablauf zu haben“, betont SAP-Experte Drachtidis.
Für gut entwickelte Anwendungen sieht sagt Felix Falk, BIU-Geschäftsführer großes Potenzial. „Wer ab und zu mal eine Spiele-App spielt – und das macht aktuell fast jeder Zweite in Deutschland – fühlt sich wahrscheinlich recht schnell zuhause. Grundsätzlich reicht ein gesunder Spieltrieb, der uns Menschen ja normalerweise allen innewohnt.“