An Flatrates für Telefongespräche, Filme oder Musik haben sich die Verbraucher schon längst gewöhnt. Doch inzwischen gibt es auch Abo-Modelle für Autos, Möbel und alles Mögliche. „In der Sharing Economy, auf die wir durch die Digitalisierung zulaufen, wird Zugang wichtiger als Eigentum, Nutzen wichtiger als besitzen“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Loske, Präsident - Professur für Nachhaltigkeit und Gesellschaftsgestaltung an der Cusanus Hochschule du findet ein plastisches Beispiel: „So wenig ich heute eine Kuh besitzen muss, um ein Glas Milch trinken zu können, oder eine Kapelle, um beten zu können, so wenig muss ich in Zukunft ein Auto besitzen, um mobil sein zu können, oder mir alle paar Jahre neue Möbel anschaffen, um gut eingerichtet zu sein.“ All diese Sachen könne man auch leihen oder leasen, sie gebraucht kaufen, tauschen oder gemeinschaftlich mit anderen nutzen. Sozusagen kollaborativ konsumieren.
Die kommerziellen Anbieter müssen dafür ihre Geschäftsmodelle ändern und von reinen Hardware-Verkäufern zu Dienstleistern werden, die einen zugesagten Nutzen sicher bereitstellen, aber damit ließe sich ebenso gutes Geld verdienen wie mit dem bloßen Absatz von möglichst vielen Dingen. Flatrates können auch Sicht des Forschers insbesondere sinnvoll sein, weil sie auf beiden Seiten Planbarkeit und Kostensicherheit erhöhen.
Für den Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Christoph Lütge von der TU München ist ein ganz wesentlicher Punkt, der für Flatrates spricht, die Einfachheit beim Handling. Dinge müssen einfach funktionieren – ob es um Musik-Abos oder Mobilität oder um alle Mögliche geht. Gerade bei Mobilität oder Möbeln sieht er auch eine Tendenz beim Verbraucher, sich nicht mehr so lange an Dinge binden. „Flatrates und Abo-Modelle erlauben ihnen, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. Aber letztlich wollen die Menschen vor allem Zeit gewinnen.“ So sei es etwa befreiend, sich nicht mehr darum kümmern zu müssen, was ein Lied, ein Album oder ein Film im Einzelnen kosten. Sogar eventuelle Mehrausgaben könnten da auch neue Optionen schaffen. „Jeder kann sich einen neuen Song anhören oder einen ganzen Künstler erschließen und muss nicht bei jedem Album entscheiden, ob er oder sie es kaufen will. Das überzeugt sicher viele Menschen.“
Dass insbesondere Jüngere offen für Flatrates sind, verwundert ihn nicht, denn: „diese Zielgruppen kennen die Angebote“. Viele der älteren Generation seien damit einfach nicht vertraut. Zudem sieht der Wirtschaftsethiker bei den Älteren auch immer noch grundsätzliche Vorbehalte gegenüber digitalen Angeboten sowie die Präferenz, etwas physisch besitzen zu wollen und nicht nur zu abonnieren.
Nach Einschätzung von Nachhaltigkeitsforscher Prof. Dr. Reinhard Loske fehlt den Jüngeren auch oft das Geld, um sich hochpreisige Spezialangebote leisten zu können. Diese seien einerseits preisbewusst, andererseits aber auch leichter verführbar. „Ich denke, neben der Schaffung von kritischem, auch und gerade konsumkritischem Bewusstsein bei Kindern und Jugendlichen durch Bildung und Erziehung sind hier Transparenzpflichten der Unternehmen und die Verbraucherschutzpolitik sehr wichtig.“ Insgesamt seien Flatrates nicht risikofrei: „Bei Verbrauchern können sie Sucht und Maßlosigkeit fördern, wofür das "Flatrate-Saufen", der exzessive Serienkonsum oder die übertriebene Modefixierung nur als extremste Formen stehen.“ Für ihn steht auch an die Regulierer die Frage im Raum: „Wirken Flatrates unnötig konsumstimulierend und führen sie zur Ressourcenvergeudung? Wenn ja, müssen klare Grenzen gezogen werden.“
Inwieweit die klassischen Markt- und Wettbewerbsstrukturen durch Flatrates prinzipiell in Gefahr sind, ist aus Sicht des Wirtschaftsethikers Prof. Dr. Christoph Lütge noch nicht ausgemacht. Konzentrationsprozesse seien auf diesen neuen Märkten sicherlich unvermeidlich. Jedoch: „Ob es heute schon etablierte Monopole gibt, halte ich zumindest für fraglich. Sie müssen nur daran denken, welche großen Internetmarken in den letzten Jahren wieder verschwunden sind. Der Markt ist in diesem Bereich sehr dynamisch.“ Buch-Autor und Technologieberater Thomas R. Köhler weist allerdings darauf hin: „Wer die Kundenschnittstelle besetzt, regiert die Zukunft.“ Aus seiner Sicht gilt gerade für die Automobilindustrie zu verhindern, dass die Techbranche nach Hotels und anderen Dienstleistungen auch den Rahm bei der Mobilität für sich einstreicht. Kern des Problems sei die Tendenz des Internets zu natürlichen Monopolen: „Wir haben einen großen Messenger-Dienst, eine Auktionsplattform, ... und wir werden auch einen dominierenden Anbieter haben bei Abo-Diensten für Automobile, der dann nach Gutdünken die Preise diktieren kann, wenn die Anbieter aus der Autobranche nicht endlich selbst ernst machen mit dem Wandel.“