Welche Bedeutung haben die Radiodisplays für Ihr Programm und welche Informationen verbreiten Sie dort?
Bei Radiodisplays unterscheiden wir in der Regel drei verschiedene Ausführungstypen. Am meisten verbreitet sind Displays mit zwei bis vier Textzeilen. Dann gibt es Farbdisplays, die in der Lage sind, Bilder mit einer mittleren Auflösung darzustellen und es gibt Displays mit einer höheren Auflösung, in der Bild und Text gemeinsam dargestellt werden können. Letzteres ist z. B. bei einem Smartphone der Fall. Um alle verschiedenen Displayarten zu bedienen, hat Deutschlandradio seine multimedialen Inhalte hierarchisch strukturiert. Diese Dienste sind immer als Zusatzdienst für das eigentliche Hörfunkprogramm, also den Audiodienst gedacht. Grundsätzlich hat ein Radiodisplay eine außerordentlich hohe Bedeutung, denn im ersten Schritt wird über dieses Display der Sendername und der Name der Sendung übertragen, zudem Informationen über die Moderation, die Beiträge oder Musiktitel und Interpret. Diese sind neben dem Audiosignal die wichtigsten Textinformationen, die sich dynamisch mit dem Programminhalt ändern und diese werden z.B. bei Digitalradio mit „Dynamic Label“ bezeichnet.
Die nächste Stufe der Textinformationen können Hintergrundinformationen sein. Deutschlandradio verwendet hierzu den sogenannten Journaline Textdienst. Mit diesem Textdienst können Nachrichten, Wetterinformationen, Verkehrsnachrichten oder Hintergrundinformationen zu Sendungen und Interpreten übertragen werden. Diese Textinformationen werden in der Regel im Hintergrund übertragen und können über Menütasten gezielt ausgewählt werden. Leider gibt es derzeit nur wenige Radios, die diesen Textinformationsdienst Journaline wiedergeben können. Ein sehr gutes Beispiel für eine Implementierung sind die Car-Infotainment-Systeme von BMW. Hier ist es sogar möglich, diese Textdienste mit synthetischer Sprache im Auto vorlesen zu lassen. Das bedeutet, dass Nachrichten, Verkehrsinformationen, Seewetterbericht und vieles mehr während der Autofahrt zu jeder Zeit gehört bzw. nachgehört werden können. Die Texte, die wir dort über Journaline übertragen, sind 1:1 aus dem Internetangebot des Deutschlandradios übernommen, wobei wir auch hier eine klare Hierarchie der Texte anwenden und die letzten, sehr ausführlichen Texte nur im Internet übertragen. Hybride Empfangsgeräte können dann nahtlos von dem Journaline Dienst in den Internetdienst umschalten.
Die nächste Kategorie der Displays ist in der Lage, einfache Bilder darzustellen. Auch hier lassen sich Texte in Form von Überschriften einbinden. Diese Bilder, bei Digitalradio „Slideshow“ genannt, können dazu genutzt werden, z. B. CD-Cover oder auch Fotoaufnahmen von Konzertübertragungen oder einer Studiorunde zu übertragen. Damit soll der Hörer einen Eindruck bekommen von der Aufnahmesituation oder von Veranstaltungen, zudem kann auch ein Wiedererkennungseffekt des Moderators durch das Bild verstärkt werden. Hier ist das inhaltliche Angebot von Deutschlandradio noch ausbaufähig. Wir übertragen nur eine überschaubare Anzahl von Bildern, die auf der einen Seite auf Inhalte und Sendungen des Deutschlandradios hinweisen, zum anderen können dies aber auch Themenbilder oder Bilder von Moderatoren sein.
Kommen wir noch zur dritten Kategorie der Displays, die eine höhere Auflösung gestatten. Hier ist es möglich, Bilder und Texte gemeinsam darzustellen. In der Regel ist dann auch eine hybride Anbindung an das Internet möglich, so dass neben dem Audiosignal, den Grundinformationen zur Sendung, den Bildern und Textinformationen alle multimedialen Programminhalte in Verbindung mit dem Internet genutzt werden können.
Was wäre künftig denkbar, vielleicht eine Art Pinterest?
Es gibt seit Jahren sehr viele Ideen zu multimedialen Zusatzangeboten bei Deutschlandradio. Auch die Anbindung an die sozialen Netzwerke wurde schon seit vielen Jahren in die Überlegungen einbezogen. Heute ist es selbstverständlich, dass z.B. Twittermeldungen priorisiert werden und diese wichtigsten Twittermeldungen könnten natürlich selbstverständlich auch über die Digitalradiozusatzangebote übertragen werden. Letztlich ist das nicht eine Frage der Inhalte, die künftig denkbar sind, sondern eher eine Frage der Ressourcen, die bei der Programmerstellung zur Verfügung stehen. Multimediale Zusatzdienste müssen redaktionell begleitet werden und dies ist bei den begrenzten Ressourcen und angesichts des hohen Aufwands, der grundsätzlich für ein hochwertiges Audioprogramm erforderlich ist, ein nicht zu unterschätzender Faktor. Daher werden sich die Dienste mit einem gewissen Augenmaß entwickeln, wobei sicherlich bei einigen Sendungen mehr und bei anderen weniger Zusatzangebote übertragen werden können.
Welche Rolle spielen die modernen Car-Infotainment-Systeme in Ihren Überlegungen in Bezug auf die Ausspielung audiovisueller Inhalte?
Auch im Car-Infotainment-Bereich sehen wir aus ökonomischen Gründen die Notwendigkeit für ein hybrides Rundfunk- und Internetverbreitungssystem. Über den Rundfunkkanal sollten immer die Inhalte übertragen werden, die für eine größere Rezipientengruppe interessant sind, über das Internet werden dann eher die Individualinteressen bedient. Das bedeutet, dass wir insbesondere aktuelle Verkehrsinformationen, die für eine breitere Masse interessant sind, schnell und effizient über den Rundfunkkanal übertragen sollten. Dazu gehören auch Nachrichten und allgemeine Textinformationen wie Verkehrsinformationen, die über eine Speicherung im Internet auch zeitsouverän nachzulesen bzw. zu hören sind. Insbesondere können Podcastinhalte, die für eine große Nutzergruppe interessant sind, auch über den Rundfunkkanal übertragen und im Empfangsgerät zwischengespeichert werden.
Bei Car-Infotainment-Systemen ist der Inhalt zwar für den Nutzer das Entscheidende, aber der Übertragungsweg ist der kritische Faktor. Nur eine intelligente Kombination von Rundfunkkanal und Mobilfunkkanal kann eine für alle Hörer zufriedenstellende Nutzung von Inhalten ermöglichen. Livestreaming nur über den Mobilfunkkanal würde definitiv im Stau auf einer Autobahn oder auf einer Landstraße nicht mehr für alle Nutzer funktionieren. Außerdem ist es viel sinnvoller, die begrenzte Mobilfunkkapazität für Connected-Car und individuelle Dienste zu reservieren und Dienste wie Hörfunk, die für eine große Nutzergruppe interessant sind, über den Rundfunkkanal zu übertragen. Die Übertragung von Geodaten für Parkleitsysteme macht sicherlich im bundesweiten Angebot des Deutschlandradios keinen Sinn und ist daher prädestiniert für Individualfunkkanäle wie Mobilfunk oder lokale und regionale Rundfunksender.
Dort sein, wo die Hörer sind - wie gut ist das klassische Radio künftig im Kampf um mobile Relevanz aufgestellt?
Diese Frage darf nicht losgelöst von einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise beantwortet werden. Die Erstellung und die Verbreitung von Inhalten kosten Geld und verbrauchen Ressourcen. Ressourcen sind immer begrenzt, ob es sich um Energie, um Frequenzen oder auch um Flächen für Verkehr und Senderstandorte usw. handelt. Das klassische Radio ist das effizienteste System, um Informationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mobilfunksysteme sind wesentlich aufwendiger und verbrauchen deutlich mehr Ressourcen, um für viele Nutzer eine individuelle Versorgung flächendeckend zu ermöglichen.
Die klassischen Fortbewegungsmittel U-, S- und Fernbahn haben gerade angesichts des wachsenden Individualverkehrs eine extrem steigende Relevanz. Ökologisch und ökonomisch ist nur eine sinnvolle Kombination zwischen Massenverkehrsmittel und Individualverkehr realisierbar und finanzierbar. Genauso wird es bei der zukünftigen Entwicklung der mobilen Kommunikation sein.