Lediglich die Hälfte der Befragten des aktuellen Digitalisierungsmonitors sind mit den Online-Angeboten der Behörden zufrieden - wie bewerten Sie das?
Die Zahlen bestätigen die Befürchtung der FDP-Fraktion, dass Deutschland auch im Bereich E-Government deutlich hinterherhinkt. Sie sind ein Paradebeispiel für das Scheitern der Digitalpolitik der Großen Koalition. Bei der digitalen Verwaltung ist Deutschland noch Entwicklungsland, denn für einen Behördengang benötigen die Menschen im Schnitt zwei Stunden. Das ist verlorene Lebenszeit. Ziel muss es sein, den klassischen Behördengang zur Ausnahme zu machen. Dass dies möglich ist, zeigen Länder wie Estland oder Dänemark. In allen Lebensbereichen sehen wir technologischen Fortschritt, nur die Amtsstube bleibt nahezu unberührt. Das muss sich ändern: Die Große Koalition muss sich ein Programm zur Beschleunigung der Digitalisierung verordnen, sowie es die FDP-Fraktion bereits vorgelegt hat.
Auf der anderen Seite haben auch nur reichlich die Hälfte schon einmal Online-Angebote der genutzt. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Momentan beschränken sich die eGovernment Pläne der Regierung auf das Digitalisieren von bestehenden Prozessen. So können Formulare online ausgefüllt oder Termine online vereinbart werden. Allerdings entstehen durch die Digitalisierung schlechter Prozesse, lediglich schlechte digitale Prozesse. Besser wäre es neue Prozesse für eine digitale Welt von Grund neu aufzubauen.
Da wir das Potential der Technik nicht einmal annähernd genutzt. Richtig umgesetzt, steckt in der Digitalisierung der Verwaltung ein epochaler Bürokratieabbau – für Bürger und Verwaltung.
Über alle Altersgruppen hinweg wünschen sich die Befragten gebündelte Behördendaten - was spricht gegen die Verwaltung auf einen Mausklick?
Offensichtlich fehlt der Umsetzungswille der Großen Koalition in Verbindung mit Kompetenzstreitigkeiten innerhalb unserer föderaler Strukturen und vermutlich auch eine gewisse Technologie Skepsis. Wir fordern schon lange, dass die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden im IT-Planungsrat durch verbindliche Kompetenzen gestärkt werden. Die bestehenden E-Governmentgesetze von Bund und Ländern müssen ambitioniert genutzt werden.
Nur verschwindend wenige Bürger haben ein Lesegerät, um die elektronischen Funktionen des neuen Personalausweises vollständig zu nutzen. Wie kann die E-ID noch zum Erfolg werden?
Hauptproblem ist, dass immer noch zu wenig Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wenn ich mich ummelden will, muss ich trotz Online-Funktion zum Bürgerbüro. Wieso kann man das nicht einfach von zu Hause ausmachen? Ähnlich ist es beim Bestellen von neuen Pässen oder Ausweisen.
Wir denken allerdings einen Schritt weiter und streben ein Konzept der „Self-Sovereign-Identity“ an. Dieses ist ein System zur Verwaltung unterschiedlicher Konten: Onlinebanking Konten, Zugang zu sozialen Medien, Einkäufe bei Onlinehändlern, aber auch Dateneinträge bei Bürgerämtern und vielen weiteren Onlinediensten. Allerdings behält der Nutzer stets die vollständige Kontrolle über seine Daten und entscheidet mit wem er welche Daten teilen möchte.
Als erste Stadt der Welt ermöglicht die schweizerische Stadt Zug ihren Bürgern eine Blockchain-basierte digitale Identität. Dabei werden die Daten nicht zentral auf einem Server, sondern ausschließlich auf dem Mobiltelefon der Nutzer, durch die dafür entwickelte uPort App gespeichert. Da die gespeicherten Daten von der Einwohnerkontrolle der Stadt verifiziert werden, ermöglicht die digitale Identität den Zugang zu Behördenleistungen der Stadt, zum Ausleihen von Büchern in der Bibliothek, zum Blockchain-basierten Fahrradverleih und zum digitalen Parking-Management. Eine ähnliche Weiterentwicklung brauch es auch in Deutschland, um vom digitalen Entwicklungsland wieder zum Vorreiter zu werden.