In einem ersten Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung heißt es nach Medienberichten, Deutschland stehe bei der Digitalisierung seit Jahren nur im Mittelfeld. Wie gefährdet sehen Sie die Zukunft des Landes?
Sehr. Wir in Deutschland und Europa sind dabei, endgültig den Anschluss an die Digitalisierung zu verlieren. Wie gehen wir mit Daten in Zukunft um, ist die zentrale Frage. Hier hat die Bundesregierung und auch die EU keine Antwort. Aber: Das was im Entwurf steht geht in die richtige Richtung, hätte jedoch schon vor 10 Jahren da sein sollen. Die Bundesregierung muss viel aufholen, was über Jahre versäumt wurde. Die aktuelle Regierung ist insgesamt viel mutiger als ihre Vorgänger und sie bewegen sich. Die Bewegung braucht allerdings einen ordentlichen Ruck, um uns aus dem Mittelfeld herauszubringen.
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Ende 2025 soll die Hälfte aller Haushalte mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunk-standard versorgt sein. Wie bewerten Sie dieses Ziel?
Ganz ehrlich interessiert mich dieses Ziel leider wenig. Solange wir dies als Ziele haben, reden wir nicht über die Anwendungen im Digitalen, doch sie sind wesentlich für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Lassen Sie uns Satelliten einsetzen und wir können viele Dinge viel schneller und kostengünstiger lösen.
Für die digitale Verwaltung soll es eine sichere digitale Identität geben. Welche Herausforderung sehen Sie diesbezüglich?
Dass die Verwaltung dafür gar nicht bereit ist. Wir sollten Ende 2022 eine digitale Verwaltung haben, heute haben oft Lehrer noch nicht einmal eine dienstliche E-Mail-Adresse. Es gibt die digitale Identität aber bereits in anderen Ländern. Deutschland muss diese übernehmen und weitermachen. Wir brauchen viel zu lange, um solche Projekte, die in EU-Ländern schon länger laufen, umzusetzen. Die Reaktions- und Aktionszeiten kommen einem Schneckentempo gleich. Wir verlieren nichts, wenn wir einfach Dinge da kopieren, wo sie funktionieren und wir das auch noch sehen.
Was sollte unbedingt noch in der endgültigen Digitalstrategie stehen - und was keinesfalls?
Solange die Infrastruktur das beherrschende Thema der Digitalstrategie ist, freuen sich die Bauarbeiter. Das darf nicht sein. Wir müssen uns folgende Fragen stellen: Wie setzen wir Daten in Zukunft ein? Wie gehen wir mit der KI um? Und wie stärken wir Europa? Wir sollten nicht Geschäftsmodelle, die es schon gibt, nachbauen, da verlieren wir. Es geht um Plattformen - egal in welcher Größe und zu welchem Thema. Nur so kann man skalieren und das ist das was wir brauchen.
Wir müssen bei der Digitalisierung endlich groß denken und nicht föderal. Viele wollen es vielleicht nicht hören: Wir brauchen aber eine positive Stimmung zur Nutzung von Daten und digitalen Diensten. Daten sind ein wesentlicher Treiber der Wirtschaft. Durch die dezentrale Aufsicht werden Datennutzung und Anwendungen, die sowohl Wirtschaft wie auch Gesellschaft voranbringen, erschwert. Diese positive Einstellung ist es, die Unternehmergeist freisetzt. Bei allen Errungenschaften der deutschen Industrie in vielen Bereichen - der Shift muss jetzt in Richtung Anwendungen für den Nutzer gehen und zum übergreifenden Denken. Was meine ich damit: Wir können nicht alles alleine machen. Es geht letztendlich darum, dass wir uns auf das fokussieren, was wir gut können und in anderen Bereichen mit anderen zusammenarbeiten, um Anwendungen zu entwickeln, bei denen der Nutzer im Fokus steht.
Zusammenfassend: Ein essenzieller Bestandteil der endgültigen Digitalstrategie sollte ein positiver Blickwinkel auf die Nutzung digitaler Daten und Dienste sein. Für das Teilen von Daten sollten positive Anreize geschaffen werden.
Persönlich kann ich auf das Thema Infrastrukturausbau verzichten, warme Worte helfen nicht, endlich handeln schon.