Ein Senioren-Team auf der Dreamhack - ist E-Sport endlich die Sportart, die sich bis ins hohe Alter professionell betreiben lässt?
Die Altersstruktur im Spitzen-eSport ist bekanntermaßen jünger als in anderen Sportarten. Viele Leistungssportler in diesem Bereich scheiden schon in ihren frühen 20ern aus dem aktiven eSport-Geschehen aus und streben dann Zweitkarrieren als Kommentatoren an. Das bestätigt sich auch in den Zahlen: der BIU als Verband der deutschen Games-Branche hat in seinen Marktdaten festgestellt, dass nur 5 % der eSport-Begeisterten über 50 sind. (https://www.biu-online.de/marktdaten/)
Der Status quo zeichnet also ein sehr jugenddominiertes Bild der eSport-Szene in Deutschland – insbesondere im Spitzensportbereich. Gleichzeitig wächst eSport als organisierter Breitensport deutlich heran: während die „Silver Snipers“ also als Turnier-Team mit hohem Altersschnitt die Ausnahme bleiben werden und sich auf der Dreamhack in Schweden auch nicht im Wettbewerb erfolgreich positionieren konnten, ist im Breitensportbereich ein Aufbau von Senioren-Angeboten durchaus eine generationsübergreifende Perspektive und eine Chance, um eSport gesellschaftlich noch tiefer zu verankern und Menschen aus allen Lebensbereichen die Möglichkeiten des eSports zu eröffnen.
Die Medienberichterstattung lenkt den Blick auf das Phänomen Silver Gaming, das inzwischen auch statistisch belegt ist – warum wenden sich zunehmend auch Ältere dem Gaming zu?
Schon jetzt sind 8,7 Mio. der deutschen Spielerinnen und Spieler im Bereich Ü50 zu finden. Das sind natürlich nicht nur eSport-Titel, aber Gaming hat generell die Eigenschaft, dass es strategische und kombinationslogische Denkstrukturen fördert und dass es, je nach Art des Spiels, auch motorische Fertigkeiten in guter Form hält. Dazu kommt der Reiz der Narrative und der Spielmechaniken – warum sollten sich ältere Menschen nur im Tatort mit ihren Gedanken verlieren können, nicht aber in Hyrule?
Spezifisch im eSport tritt das Gemeinschaftsgefühl, das Team-Play und auch der Wettbewerb hinzu. Das sind Elemente, die über alle Altersgrenzen hinweg zur Begeisterung führen. Und gerade im Online-Bereich hindert auch nicht eine eventuell eingeschränkte Mobilität an der gesellschaftlichen Teilhabe, was einige Senioren die Möglichkeit neuer Freundschaften und persönlicher Bindungen gibt.
Und wenn Sie sehen, wie hoch das Interesse am z. B. Live-Streaming von spielenden Senioren ist, dann stellen Sie fest, dass beide beteiligten Altersgruppen miteinander im regen Austausch sind: Der spielende Senior auf der einen Seite, der aus seiner Lebenserfahrung schöpfen kann und Spielsituationen, sowohl bei narrativen als auch bei kompetitiven Spielen, aus einer neuen Sicht analysieren und vermitteln kann. Und auf der anderen Seite die überwiegend jugendlichen Zuschauer, die mit ihren vielen Fragen und begeisterte Unterstützung ein Gefühl der sozialen Wertigkeit vermitteln.
Wie könnte sich durch die neue Altersstruktur künftig die Art der Spiele und/ oder der Devices verändern?
Ob sich im eSport eine spielmechanische Fokussierung auf Senioren im Entwicklungsprozess ergeben wird, steht dahin. Denkbar ist allerdings, dass sich gerade im Bereich der Eingabegeräte passende Lösungen in Zukunft für die häufigsten Einschränkungen im Alter finden lassen werden. Das zeigen die Sonderentwicklungen im Mobiltelefonie-Bereich sehr gut und ist auch für andere Hardware-Produkte übertragbar.
Welche Wettbewerbe oder Ligen gibt es für Senioren, oder sind solche in Planung?
Sollte es in Deutschland im eSport eigene Senioren-Turniere geben, so haben sie bisher keine größere Außenwirkung entfaltet. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn gerade im eSport-Breitensport auch zukünftig ein altersübergreifendes Konzept mitgedacht wird – ob sich das allerdings in Leistungssegmentierung auf Grundlage des Alters wiederspiegeln wird, werden die Ansprüche der Spielerinnen und Spieler zeigen.