Fast 60 Millionen Menschen in Deutschland hören täglich Radio. Fast 80 Prozent aller Deutschen schalten alltäglich eines oder mehrere Hörfunkprogramme ein. Eine erstaunliche Zahl. Sie zeigt: Der Hörfunk ist weiterhin ein Massenmedium. Auch bei jungen Leuten, auch in Zeiten des Internets. Die große Mehrheit der Hörer nutzt dazu UKW-Empfangsgeräte. Nur etwa ein Zehntel der Nutzer hört Radio auf dem Übertragungsweg Live-Streaming per Smartphone, Tablet oder PC. Auch wenn die Nutzung des Radios per Audio on demand zunehmen wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Radio im Kern in seiner linearen Wahrnehmung bestehen bleibt.
Die Verbreitung des Programms per UKW, eine Technik aus den 1950er Jahren, wird den Erfordernissen der digitalisierten Medienwelt aber nicht mehr gerecht. Deshalb ist Digitalradio ist die Zukunft des Hörfunks. Die digitale terrestrische Verbreitung von Hörfunkprogrammen über Antenne, DAB+, wird die Existenz des Hörfunks sichern. Als Rückgrat der Verbreitung, ergänzt durch die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten im Internet. Zu wesentlich geringeren Kosten als die „klassische“ Verbreitung. Ein Vorteil, der angesichts steigender Strompreise immer relevanter wird.
Seit Sommer 2011 wird das bundesweite Sendernetz, der nationale Multiplex, aufgebaut. Parallel dazu die regionalen Netze. Dies beendet die Frequenzknappheit bei UKW und ermöglicht ein viel größeres und vielfältigeres Programm-Angebot in CD-Qualität sowie mit Surround-Sound. Digitalradio bietet Radio in absolut störungsfreier Empfangsqualität, auch im Auto absolut knister-und rauschfrei. Der flächendeckende Empfang soll in Deutschland bis Ende 2015 realisiert sein. Doch es gilt in der Diskussion vor allem, Digitalradio nicht alleine unter dem Gesichtspunkt der reinen Programmübertragung zu betrachten. Die wirtschafts- und industriepolitischen Implikationen, etwa die Möglichkeiten der Verkehrssteuerung, sind mindestens so bedeutend.
Beim Aufbau des bundesweiten Sendernetzes wollen die öffentlich-rechtlichen Sender, allen voran Deutschlandradio, das hohe Tempo des Netzausbaus halten. Hier sind die Interessen der privaten Digital-Programmanbieter mit denen von Deutschlandradio und den Landesrundfunkanstalten nicht immer identisch. Die Öffentlich-Rechtlichen wollen Deutschland ihrem Auftrag gemäß in der gesamten Fläche mit Digitalradio versorgen. Zugleich setzen die Privaten eher auf die Verbreitung in Ballungsräumen, hier realisieren sie ihre Refinanzierung. Sie folgen damit ihren wirtschaftlichen Interessen. Trotz dieser im Detail unterschiedlichen Interessen müssen beide weiter an einem Strang ziehen. Öffentlich-Rechtliche und Private müssen als Partner das Radio der Zukunft ausbauen.
Für Deutschlandradio, den nationalen Hörfunk, ist Digitalradio die einzige realistische Möglichkeit, seinen gesetzlichen Auftrag der bundesweiten Verbreitung auch zu erfüllen. UKW-Frequenzen sind knapp und vollständig verteilt, und eine komplette Neuordnung der Frequenzen ist unrealistisch.
Die Landesmedienanstalten werden künftig auf der Suche nach flexiblen Lösungen bei der Verwaltung der Frequenz-Infrastruktur eine Schlüsselrolle spielen. Mit ihrer Hilfe erscheint ein Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen privater und öffentlich-rechtlicher Sender möglich. Und dann gilt wie bisher: Nur als Partner sind wir stark – beim Aufbau des Radios der Zukunft.