Nach einer aktuellen Studie hilft die Digitalisierung Frauen, den Karriereabstand zu Männern zu verringern. Wie kann dieser Prozess unterstützt werden?
Um es auf eine Kurzformel zu bringen: Neugier und Interesse helfen am meisten! Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran, sodass eine ständige Weiterbildung notwendig ist. Diese fängt im Kindergarten und in der Schule an. Lehrkräfte, die laufend weiter qualifiziert werden sollten, führen Kinder und Jugendliche an die digitale Welt heran und legen den Grundstein für einen erfolgreichen Umgang mit digitalen Medien. Wichtig ist: Schon die Lehrkräfte sollten beiden Geschlechtern angehören, damit die Kinder gar nicht erst festgefahrene Rollenbilder erwerben, die sind im späteren Leben so schwer abzulegen. Nach wie vor zeigen Jungs und junge Männer häufig größeres Interesse an digitalen Medien als Mädchen, spielen Computerspiele und haben dadurch mehr mit Technik und digitalen Inhalten zu tun. Mädchen brauchen Angebote, durch die ihr Interesse an den digitalen Medien geweckt wird, sodass sie sich selbstständig weiterentwickeln können. Frauen, die digitale Kenntnisse erlangt haben, müssen sie auch unter Beweis stellen können. Mir scheint, dass es hier auch noch im Bereich Recruiting Human Ressources zu wenige Angebote gibt, die speziell auf „digital women“ zugeschnitten sind. Die Möglichkeit zum Netzwerken ist ein ganz großes Thema für Frauen, hier besteht noch großer Nachholbedarf.
Natürlich brauchen auch die Frauen Unterstützung, die bereits im Beruf stehen. Durch spezielle Weiterbildungen können sie die digitalen Fähigkeiten erwerben, die sie benötigen. Zudem sollten sie über die Möglichkeiten der Digitalisierung aufgeklärt werden. Nicht jeder Frau ist bewusst, welche Vorteile sie aus dem digitalen Wandel ziehen kann. Durch mehr Flexibilität lassen sich Familie und Beruf viel besser verbinden. Außerdem führt die Digitalisierung, geschickt eingesetzt, zu einer höheren Produktivität, das verschafft den Frauen Wettbewerbsvorteile.
Deutschland liegt im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld, was Bildung und Aufstiegschancen angeht. Was muss getan werden, um das zu ändern?
Politik sollte klug analysieren, was die Länder auf den vorderen Plätzen besser machen als Deutschland. Dabei ist ein umfassender Blick entscheidend, der die deutsche Kultur mitberücksichtigt und Maßnahmen nicht einfach ungeprüft adaptiert. Es kann zum Beispiel sinnvoll sein, Anreize für Unternehmen zu schaffen, die Digitalisierung voranzutreiben und in die Arbeitsprozesse einzubinden. Von den so entstehenden flexibleren Arbeitszeiten könnten viele Frauen profitieren, da sich Familie und Arbeit besser kombinieren lassen.
Was macht Frauen besonders fit für die Digitalisierung?
Auch wenn ich lange über diese Frage nachgedacht habe, fällt mir beim besten Willen keine gute Antwort hierzu ein. Ich glaube, dass man bei der „Digitalisierungsfitness“ nicht in erster Linie zwischen Mann und Frau, sondern eher zwischen jung und alt unterscheiden muss.
Trotz besserer Bedingungen erreichen nur wenige Frauen wirkliche Top-Positionen. Woran liegt das?
In unserer Gesellschaft lernen viele Frauen noch immer, dass sie das soziale und sanfte Geschlecht sind. Für den Aufstieg in eine Führungsposition ist dies nicht nur förderlich. Wer ganz oben steht, ist alleine und wird nicht durchgehend von jedem Mitarbeiter geliebt, das muss eine Frau auch aushalten können und wollen. Es ist für beide Geschlechter entscheidend, klar zu kommunizieren was und wohin sie möchten und entsprechend zu netzwerken. Für Frauen jedoch spielt dieser Aspekt eine besondere Rolle. Denn in unserer Gesellschaft besetzen Frauen im Verhältnis erst seit ziemlich kurzer Zeit Führungspositionen, sodass traditionelle Rollenmuster aufgebrochen werden müssen. Es braucht starke und selbstbewusste Frauen, die als Vorbilder auftreten.
Was wird in ihrem Haus für die Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz getan?
Bei der bremischen Landesmedienanstalt arbeiten sehr viele Frauen, und zwar nicht nur auf Sachbearbeitungsebene. Bei allen Personalentscheidungen wird die Frauenbeauftragte ebenso wie der Personalrat gleichberechtigt einbezogen. Wir setzen auf gemischte Teams, sodass Männer und Frauen immer gemeinsam und gleichberechtigt Themen bearbeiten und Entscheidungen treffen. Durch die unterschiedlichen Denkweisen wird ein fantastischer Mehrwert generiert, um den uns andere oft beneiden.