Nach einer aktuellen Studie hilft die Digitalisierung Frauen, den Karriereabstand zu Männern zu verringern. Wie kann dieser Prozess unterstützt werden?
Neue Technologien und Informationssysteme führen zu einem rasanten Wandel der Arbeitswelt. Arbeit wird immer stärker von Flexibilisierung geprägt und ist immer unabhängiger von festen Arbeitsorten oder Arbeitszeiten. Hier bietet sich eine Chance, Vereinbarkeitsprobleme zwischen Beruf und Familie, die Frauen im Alltag stärker betreffen, leichter lösen zu können. Entscheidend ist, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt mit ihren neuen Freiheiten und Unsicherheiten nicht zu Lasten der Beschäftigten geht.
Deutschland liegt im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld, was Bildung und Aufstiegschancen von Frauen angeht. Was muss getan werden, um das zu ändern?
In puncto Bildung haben Frauen die Männer bereits überholt. Sie sind oftmals besser ausgebildet. So erwerben junge Frauen in Deutschland heute öfter einen höheren Berufsabschluss als junge Männer und deutlich mehr junge Frauen verfügen über einen akademischen Abschluss. Aber es mangelt an Aufstiegschancen. Dass Frauen im Schnitt deutlich weniger verdienen als Männer - und zwar selbst bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation – zeigt deutlich, dass sie in der Arbeitswelt immer noch benachteiligt werden. Die Chancengleichheit fehlt, sowohl bei den Aufstiegsmöglichkeiten als auch beim Zugang zu Führungspositionen. Hier muss ein Umdenken bei den Arbeitgebern stattfinden oder die Politik muss klare Vorgaben machen. Wenn Arbeitgeber beklagen, dass sie kaum noch qualifizierte Fachkräfte finden, dann müssen sie den gut ausgebildeten Frauen bessere Arbeitsbedingungen anbieten.
Was macht Frauen besonders fit für die Digitalisierung?
Frauen stehen nach wie vor viel stärker als Männer vor der großen Herausforderung, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Sie müssen ihre knappe Zeit sehr gut einteilen. Hier kann ihnen die Digitalisierung nützen, in dem sie flexibler arbeiten können. Das darf aber nicht bedeuten, dass sie rund um die Uhr für ihren Arbeitgeber zur Verfügung stehen müssen. Im Handel sollen Verkäuferinnen auf Abruf arbeiten, sie bekommen per Smartphone-App Bescheid, wenn man sie im Geschäft braucht. Solch ein Szenario dürfen wir nicht zulassen. Aber die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten erhöhen sich durch die Digitalisierung. Das ist die Chance für gut ausgebildete Frauen. Ihr Wissen ist gefragt.
Trotz besserer Bedingungen erreichen nur wenige Frauen wirklich Top-Positionen. Woran liegt das?
Das Haupthindernis für Frauen auf dem Weg in die Chefetagen liegt vor allem in den Köpfen der Personalverantwortlichen. Das mag an veralteten Stereotypen und Rollenbildern liegen, die wir aufbrechen müssen. Bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen von Arbeitgebern haben die Situation jedenfalls nicht verbessert. Chancengleichheit wird sich in absehbarer Zeit nicht von alleine einstellen. Deswegen brauchen wir per Gesetz eine gerechte Frauenquote für Führungspositionen. Hier hat das Land Brandenburg im Bundesrat schon mehrere Initiativen vorgelegt.
Was wird in Ihrem Haus für die Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz getan?
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist und bleibt ein wichtiges Ziel über alle Politikfelder hinweg. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss unabhängig vom Geschlecht eine Selbstverständlichkeit werden. Die Brandenburger Landesregierung ergreift und unterstützt hier gesetzliche Initiativen im Bundesrat. Bei Unternehmensbesuchen sprechen wir dieses Thema immer wieder an und führen mit Arbeitgebern den Diskurs, was sie für Frauen tun. Bessere Chancen und gleiche Bezahlung für Frauen in der Arbeitswelt ist auch ein zentraler Punkt im Gleichstellungspolitischen Maßnahmenpaket für das Land Brandenburg, das wir fortschreiben. Und im Landesgleichstellungsgesetz haben wir eindeutig festgeschrieben, dass bei allen Stellenbesetzungen im Landesdienst überprüft werden muss, ob in einer Besoldungsgruppe innerhalb einer Laufbahn, in einer Entgeltgruppe oder in Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben in der jeweiligen Behörde der Frauenanteil mindestens 50 Prozent beträgt. Wenn das nicht der Fall ist, sind Frauen bei gleichwertigen Qualifikationen gegenüber männlichen Mitbewerbern bevorzugt einzustellen. Das MASGF selbst ist hinsichtlich einer familienbewussten Personalpolitik Vorreiter innerhalb der Landesregierung und bereits seit 2006 mit dem audit berufundfamilie der Hertie-Stiftung zertifiziert. Bei uns wird eine familienbewusste Personalpolitik und Betriebskultur gelebt.