Seit Jahren blicken Medienpolitiker mit zunehmender Sorge auf die großen privaten TV-Veranstalter, wie RTL, Sat.1, Pro7 und Co. Denn dort sorgen die wirtschaftlichen Renditeinteressen seit geraumer Zeit dafür, dass qualitative und damit kostenintensive Programmleistungen, wie zum Beispiel Nachrichtensendungen, in den Programmschemen immer mehr zurückgedrängt werden.
So liegt der Zeitumfang der Nachrichten – bezogen auf die politischen Beiträge in den Hauptnachrichtensendungen – im Durchschnitt bei vier Minuten am Tag. Dabei bewegt sich die Bandbreite zwischen zwei Minuten (RTL 2) und sieben Minuten (RTL). Doch auch aus inhaltlicher Sicht hagelt es Kritik – setzen doch die privaten Programmmacher in ihren Nachrichtensendungen überwiegend auf Zerstreuungs- sowie Angstthemen mit eher unterhaltendem Charakter.
Das hat jüngst die Landesmedienanstalten und die Medienpolitik auf den Plan gerufen. So wurde auf dem DLM-Symposium „Public Value: Was soll der private Rundfunk für die Gesellschaft leisten?“, das am 17. März in Berlin stattfand, der Frage nachgegangen, inwieweit Auftrag und Leistung des privaten Fernsehens in Hinblick auf gesellschaftspolitisch relevante Informationen und Werte neu reguliert werden sollten. Erste Antworten und Ansätze dazu liefert die in Berlin vorgestellte Studie „Regulierung durch Anreize“ des Hans-Bredow-Instituts Hamburg, die von der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten in Auftrag gegeben wurde. Zentrales Ergebnis der Studie von Dr. Wolfgang Schulz, renommierter Medienwissenschaftler und Direktor des Instituts: Die bestehenden gesetzlichen Pflichten für Vollprogramme ließen sich durch ein Anreizsystem zur Förderung von besonderen publizistischen Leistungen sinnvoll ergänzen.
Für den Verfasser des Gutachtens wäre ein vielversprechender Ansatz, „dass Anbieter, die qualitätsvolle Informations- oder Kindersendungen bringen, dafür in anderen Programmteilen beispielsweise Werbeerleichterungen erhalten. Auch eine rechtlich garantierte hohe Stellung in Programmführern könnte ein Anreiz für Anbieter sein, besondere Programmleistungen zu favorisieren“, so der Medienwissenschaftler. „Zumal es in den Vielkanalbedingungen für ein Programm immer wichtiger sein wird, leicht aufgefunden zu werden.“ Aus der bisherigen Regulierungsforschung weiß Schulz, „dass es in jedem Fall besser ist, mit Anreizen zu arbeiten, wenn es um kreative Leistungen geht, als mit repressiven Mitteln hinterher zu regulieren“.
Die Medienanstalten sehen nun als Konsequenz aus dem neuen Gutachten eine Option, den Rundfunkstaatsvertrag um differenzierte Mindestvorgaben für unterschiedliche Programme, etwa für Nachrichtensendungen, zu ergänzen. Veranstaltern, die die konkretisierten gesetzlichen Vorgaben einhalten, könnten dann künftig tatsächlich entsprechende Vorteile zugestanden werden. Und so fällt selbst bei den Verantwortlichen der beiden Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 die Resonanz auf die Studie verhalten positiv aus. Dann müssten die neuen qualitativen Inhalte „natürlich auch so gestaltet sein, dass sie beim Publikum ankommen, aber darauf werden die Veranstalter sogar ohne Regulierung achten“, ist sich Schulz sicher.