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Wie das Netz die Klassik revolutioniert

Und warum guter Journalismus auch online seinen Tugenden treubleiben muss

Carsten Hinrichs, Chefredakteur der Online-Klassikplattform niusic.de und Chefredakteur vom Rondo- Klassik- und Jazzmagazin Quelle: Nikolaj Lund Carsten Hinrichs Chefredakteur niusic.de – das Onlinebiotop für Klassik und Musikkultur 23.06.2016
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Niusic ist ein Kollektiv von jungen Musikjournalisten im Netz. Ihr Ziel, die Klassik aus dem Elfenbeinturm der Hochgalnzberichterstattung zu befreien. Mit dem neuen Onlinemagazin für Klassik wollen die Macher um Chefredakteur Carsten Hinrichs alle technischen Möglichkeiten von HTML5 ausschöpfen. "Dafür muss guter Journalismus aber auch online seinen Tugenden treubleiben", so Hinrichs.







niusic.de, die neue Online-Klassikplattform ist mit dem Anspruch angetreten, die Klassikberichterstattung zu revolutionieren und neue Medien und Klassik zusammenzubringen. Braucht die Klassik neue junge Darstellungsformen und warum?
niusic.de ist ein Kind des Kunst- und Kulturpublikationen RONDO Verlags in Berlin. Das Klassik- und Jazzmagazin RONDO nimmt nun seit über 20 Jahren einen zentralen Platz am Markt ein, und auch die zugehörige Website rondomagazin.de. Aber als Spin-off eines Printmagazins sind die Möglichkeiten vorgeben. Wir haben mit niusic.de ein reines Onlinemagazin für Klassik entwickelt, das die technischen Möglichkeiten von HTML5 ausschöpft. Hier wird Musik hör- und sichtbar gemacht. Aber niusic.de ist noch mehr: In Kooperation mit der Akademie Musikjournalismus des Musikfestivals „Heidelberger Frühling“ ist es auch eine Plattform für junge, hochkarätige Autoren und eine Werkstatt für den Musikjournalismus der nächsten Jahre.

Wie lassen sich seriöser Musikjournalismus und innovative Darstellungsformen verbinden? Sind die Zeiten der Klassik-Hochglanzberichterstattung vorbei?
Das Internet ist ja nicht per se ein unseriöses Medium, auch wenn manche Magazine mehr durch Schlagzeilen auf Leserfang gehen, denn durch Recherche. Ich glaube nicht, dass die Zeit der Printmagazine für klassische Musik vorbei ist, dafür gab es im letzten halben Jahr zu viele spannende Neustarts. Aber die oft gehörte Behauptung, Klassik wäre altbacken und täte sich daher schwer mit dem Internet, stimmt so auch längst nicht mehr. Nur muss Kultur im Netz mit anderen Angeboten, vor allem aus dem Bereich Unterhaltung, um eine viel unstetere Leseraufmerksamkeit konkurrieren. Dazu muss man die Spielregeln lernen. niusic.de spricht bewusst auf mehreren Ebenen an: großformatige Bilder, Videos, Playlists. Aber wenn der Autor nicht in der Lage ist, nur mit Papier und Bleistift einen Text zu erschaffen, der im Kopf des Lesers Bilder erzeugt, der einen Spannungsbogen schlägt, dann nutzen auch solche Medien nichts. Insofern bleibt guter Journalismus auch online seinen Tugenden treu.

Welche Vorbilder gibt es für das neue Onlineportal, woher kommt der Input?
Wir haben uns natürlich mehrere Onlineportale auch anderer Genres angeschaut, um zu lernen. Aber den Seitenaufbau aus Head-Slider und Kachelmenü – optimiert für die Nutzung ohne Maus, etwa auf Tablet oder Smartphone, haben wir für das Magazin neu entwickelt. Unsere Agentur „das formt“ in München hat für unsere Ideen eine großzügige, vollformatige, aber dabei nie marktschreierische Linie gefunden. Die Klassik in Nahaufnahme, sozusagen.

Welche Zielgruppen wollen Sie ansprechen, auch Neueinsteiger?
niusic.de ist seit der ersten Stunde für junge Hörer und Klassik-Einsteiger entwickelt worden. Die können auch 40 sein, unsere Autoren sind Anfang bis Mitte 20. Wichtig war uns, dass wir die Schranke zwischen Publikum und Bühne niederreißen, den Bildungszeigefinger stecken lassen. Klassische Musik ist aufregend und vielfältig, und man muss keinen Test ablegen, um da eintauchen zu können. Damit wir dennoch auch Musikbegriffe verwenden können, haben wir ein großes Glossar geschaffen, das erscheint als Dreipunktsymbol hinter dem Wort und gibt eine kurze, witzig geschriebene Verständnishilfe. Und weiter geht’s im Text.

Wie bewerten Sie grundsätzlich die Zukunft der Klassik?
Die klassische Musik – Konzertveranstalter, Künstleragenturen, Tonträger – ist schon seit langem im Umbruch, aber die oft beschworene Krise ist eine Krise der Branche, nicht der Musik. Wenn ich in Konzerte der Berliner Studentenorchester gehe, ist die Philharmonie zu 80 Prozent voll mit begeisterten jungen Leuten. Das Live-Erlebnis – ob Pop-Konzert, Performance, Theater, Oper, Sinfonik – ist durch nichts zu ersetzen. Das alte Ritual des Konzertabends mit Pause scheint mir hingegen ein Auslaufmodell, und Experimente mit neuen Inszenierungen erfrischen das Hören. Ob die jungen Leute aus der Philharmonie alle auch brave Klassik-CD-Käufer sind, bezweifele ich mal. Aber sowohl in der Tonträgerbranche als auch im Konzertsaal wird so viel mit alten Regeln gebrochen wie noch nie, es gibt jeden Monat spannende neue Sachen zu entdecken. Für mich ist sicher: Klassikhörer, auch junge, wird es immer geben. Nur werden sie nie mehr „Nur-Klassik“-Hörer sein.

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