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Interview16.01.2017

Wenn der Klang auch im Fernsehen den Erfolg ausmacht

Wie sich moderne Sender Vorteile verschaffen können

Prof. Ingo Kock, Studiendekan der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF Quelle: Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF Prof. Ingo Kock Studiendekan Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die Sprachverständlichkeit fängt beim Schauspieler an", konstatiert Prof. Ingo Kock von der Filmuniversität Babelsberg. Immer aufwendigere Nachbearbeitung kann den TV-Ton verbessern. Vor allem für die privaten Sender könnte der gute Ton interessant sein, um gegenüber der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz zu punkten. Aber der Audio-Experte sieht auch die Zuschauer mit ihren Geräten in der Pflicht: "Das Empfangsgerät weiß am besten, was es für technische Möglichkeiten hat."





Für die Sprachverständlichkeit im TV gibt es viele Einflussgrößen – was können die Produzenten und Sender, was sollten die Zuschauer beachten?
Die Sprachverständlichkeit fängt beim Schauspieler an. Wenn hier schon beim Dreh undeutlich gesprochen wird, sollte eine Nachsynchronisation für die Endfertigung eingeplant werden (verursacht zusätzliche Kosten).

Auch bei deutlich sprechenden Schauspielern kann die Situation am Drehort oft einen verständlichen Ton nicht erreichen lassen. Hier sollte der Tonmeister, der für den Originalton zuständig ist, rechtzeitig mit dem Drehort vertraut gemacht werden und Mittel für die Verbesserung des Drehortes eingeplant werden (verursacht zusätzliche Kosten).

In den letzten Jahren ist es üblich geworden den Originalton sehr aufwendig zu editieren - Dank den vielfältigen technischen Möglichkeiten. Dies braucht Zeit und verursacht Kosten.
Die Mischung aller bis dahin einzeln vorliegenden Tonkomponenten entscheidet dann über die Balance zwischen Musik, Sprache, Geräuschen und Atmosphären. Während der Mischung findet der entscheidende Arbeitsgang statt, da oft die Balance zwischen Musik und Sprache zur Unverständlichkeit der Sprache beiträgt.

Die Tonwiedergabequalität flacher Fernseher ist meist sehr schlecht. Jeder Fernsehzuschauer der sich über die Sprachverständlichkeit beschwert, sollte hier zuallererst anfangen etwas zu ändern. Es gibt nicht umsonst Mehrkanalreceiver und sog. Soundbars mit denen die Tonqualität erheblich verbessert werden sollte.

Am Ende der Kette sitzt dann der Mensch selbst. Die Hörschwelle der Menschen ändert sich nach ISO7029 bereits ab dem 25. Lebensjahr. Das ist ein statistischer Durchschnitt der also auch über oder unterschritten werden kann. Die Fernsehsender sollten hier auf das Alter ihrer Zielgruppe Rücksicht nehmen.

Medien berichten über immer mehr Zuschauer, die sich über schlechte Sprachverständlichkeit im TV beklagen. Woher kommen die Probleme Ihrer Einschätzung nach?
Mir liegen keine Zahlen vor die belegen könnten ob die Beschwerdehäufigkeit zugenommen hat. Mir wurde es nur berichtet und im Fachkreis diskutiert das es so ist.

Es sollte auch nicht generell das Fernsehen betrachtet werden, sondern bisher waren es einige Sender - speziell ARD und da die Tatortkrimis. Im privaten Fernsehen, in dem häufig nachsynchronisierte Filme und Serien laufen, scheint die Gefahr geringer zu sein - oder verlangen die Zuhörer dann eine bessere Qualität, wenn sie Geld für das Fernsehen bezahlen müssen? Das könnte für die privaten Sender interessant werden, da hier ja auch bald abkassiert wird.

Besonders häufig scheinen fiktionale Formate wie etwa TV-Krimis in der Kritik zu stehen. Woran liegt das?
Wenn für Krimiproduktionen Menschen verpflichtet werden, deren Name schon keine Sprechrolle erwarten lässt, dann wird es für die Tonmeister in der weiteren Bearbeitungskette schwierig.

Bei Kabel TV wurden Frequenzgangabfälle von 9dB ab 500Hz festgestellt! Mir liegen keine Zahlen vor welche Ausstrahlungswege die Beschwerenden nutzten.

Welchen Einfluss hat die EU-Richtlinie zur Lautheit auf die Verständlichkeit einzelner Programmelemente?
Die Mischung der einzelnen Tonkomponenten ist hier wichtiger als die Gesamtlautheit. Diese kann vom Zuhörer ja verändert werden. In Fachkreisen wird eher debattiert, da die unterschiedlichen Lautstärken der Programminhalte jetzt nicht mehr Thema zur Beschwerde sind, den Zuhörern plötzlich die Sprachunverständlichkeit auffällt. Diese Meinung teile ich nicht.

Welche Rolle spielt die demografische Entwicklung des TV-Publikums für die Anforderungen an den TV-Ton?
Es wird immer mehr schwerhörige Zuschauer geben. Da Schwerhörigkeit nicht einfach mit Lautstärkeerhöhung kompensiert werden kann, sollten hier die TV Anstalten rechtzeitig alternative Möglichkeiten vorsehen. Objektorientierte Fernsehübertragung könnte hier Abhilfe schaffen - ob die aber bei der Zielgruppe der Schwerhörigen bedienbar ist, wage ich zurzeit noch zu bezweifeln. Ein möglicher Weg wäre auch die Simulation der Schwerhörigkeit in der Mischung für den Mischtonmeister.

Vor welchen Herausforderungen steht der TV-Ton bei der zu erwartenden Nutzungs-Zunahme an mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets?
Es sollte/muss für jedes Endgerät ein optimierter Ton erzeugt werden. Dies ist nicht Aufgabe des Senders sonders des Empfängers selbst. Das Empfangsgerät weiß am besten, was es für technische Möglichkeiten hat. Somit wird in nächster Zeit das Thema objektorientierte Signalübertragung bei den Sendeanstalten anstehen.

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