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Kolumne

Verbraucherzentrale für Verbot der Grundverschlüsselung

Bundesverband sieht anonyme Rundfunknutzung gefährdet

Michael Bobrowski, Referent Telekommunikation, Post, Medien beim Verein Verbraucherzentrale Bundesverband Quelle: Michael Bobrowski/vzbv 30.04.2009

 

 

Neben kostenträchtigen Pay-TV Programmen will die RTL-Mediengruppe ab Herbst 2009 in mehreren DVB-T Empfangsgebieten auch ihre digitalen free-TV Programme nur noch in verschlüsselter Form verbreiten. Der Verbraucher benötigt zu deren Empfang also einen speziellen Decoder und eine Smart-Card des Anbieters. Damit wird – mit dem Segen der Landesmedienanstalten – die Verschlüsselung bis dato frei empfangbarer werbefinanzierter Fernsehprogramme und die Registrierung der Zuschauer erstmalig auch bei der terrestrischen Fernsehübertragung eingeführt. Die Zustimmung der Medienanstalten zu diesem Geschäftsmodell wird vom Verbraucherzentrale Bundesverband heftig kritisiert, die Einführung der „Verschlüsselung“ bei der digitalen terrestrischen free-TV Versorgung als Alarmsignal gewertet. Sollten andere Fernsehanbieter dem Beispiel folgen, wäre das das Ende einer bislang weitgehend anonymen Rundfunknutzung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband lehnt daher die „Grundverschlüsselung“ ab, und zwar für DVB-T ebenso wie für die Kabelverbreitung, den Satellitendirektempfang, das Handy-TV oder im Internet (VDSL). Nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass bei einer flächendeckenden „Grundverschlüsselung“ heute bereits vielfach gewerblich gehandelte Nutzungs- und Persönlichkeitsprofile von Verbrauchern künftig noch um Details der individuellen Rundfunknutzung ergänzt werden können.

Die „Grundverschlüsselung“ frei empfangbarer Fernsehprogramme ist ein klares Indiz für eine fortschreitende Kommerzialisierung des audiovisuellen Medienangebots, die verbunden sein wird mit einer zunehmenden Verlagerung bisher frei empfangbarer Programme in das Pay-TV Segment und einer zielgenauen überbordenden Werbeansprache eines weitgehend gläsernen Rundfunknutzers. Die „Grundverschlüsselung“ bringt aber auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Druck. Dieser wird noch durch die Forderungen der Filmproduzenten und Rechteinhaber nach verstärkter regionaler Vermarktung der medialen Angebote mit separat zu entgeltenden Senderechten erhöht. Schließlich ist vor allem die entgeltpflichtige „Grundverschlüsselung“ in ihrer Wirkung unsozial. Sie erhöht auf der Empfängerseite die Kosten und kann dadurch zur „digitalen Spaltung“ im Rundfunkbereich führen. Nur ein offenes Rundfunksystem kann aber gewährleisten, dass alle Nutzer unabhängig von Einkommen und sozialen Verhältnissen einen diskriminierungsfreien Zugang zu einem Vielfalt sichernden Programmangebot haben.

Fazit: Wer die Verbraucher von der Notwendigkeit der Digitalisierung des Rundfunks überzeugen will, muss ihnen den Mehrwert des neuen Systems aufzeigen. In dem Sinne erweist sich die „Grundverschlüsselung“ als Innovationsbremse. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hält daher ein generelles Verbot dieser Art Verschlüsselung für gerechtfertigt.  Ansonsten haben es die Verbraucher in der Hand, insbesondere den entgeltpflichtigen „grundverschlüsselten“ Programmen die rote Karte zu zeigen.

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