Thüringen hat sich bei der Umstrukturierung des MDR benachteiligt gefühlt. Nun soll ein Zentrum für Medienkompetenz im Freistaat errichtet werden. Ist das eine hinreichende Ansiedlung?
Die Frage, ob die Errichtung eines Zentrums für Medienkompetenz in Erfurt „hinreichend“ zur Beseitigung einer vom Freistaat gefühlten Benachteiligung ist, vermag nur Thüringen selbst zu beantworten. Fakt ist: Der MDR hat bereits im Jahr 2012 den strategischen Prozess „MDR 2017“ eingeleitet. Der Rundfunkrat wurde hierüber Mitte März 2012 informiert. Kern der Strukturreform „MDR 2017“ ist die Abkehr von traditionellen, nach medialer Verbreitungsart gebildeten Zuständigkeiten und Abläufen hin zu trimedial orientierten Programmressorts. Dabei muß man wissen, dass die Konzeption des aktuell gültigen MDR-Staatsvertrages den Aufbau programmlicher Kapazitäten grundsätzlich nur für die Standorte Leipzig und Halle vorsieht. Vor diesem Hintergrund unterfällt das Ressort „Wissen, Bildung und Medienkompetenz“ künftig der Kompetenz des Hörfunkdirektors in Halle. Um dem Engagement und der internen Federführung des Direktors des Thüringer Landesfunkhauses beim Thema Medienkompetenz Rechnung zu tragen, hat sich der MDR nun entschieden, dort auch ein Zentrum für Medienkompetenz zu errichten.
Das Zentrum für Medienkompetenz soll forschen, aber auch über eine eigene trimedial arbeitende Redaktion verfügen. Was erwarten Sie von so einem Zentrum?
In einem Wort: Impulse. Das Thema Medienkompetenz wird in Zukunft immer wichtiger. In einer medial vernetzten Gesellschaft wie der unseren ist die Fähigkeit zur eigenbestimmten, souveränen Nutzung des Medienangebots eine Schlüsselqualifikation. Sie hat darüber hinaus auch eine zentrale Bedeutung für unser demokratisches Gemeinwesen. Medienkompetenz sichert vor Manipulierbarkeit. Jeder Form von Hasspropaganda werden Einflussmöglichkeiten entzogen. Vor einem Zentrum für Medienkompetenz erwarte ich, diese Zusammenhänge aufzuzeigen Ideen und Wege zur Stärkung der Medienkompetenz in allen Altersklassen und Schichten der Gesellschaft aufzuzeigen.
Thüringen hat den Kika, einen Tatort und weitere überregionale Produktionen. Was wäre im Sinne der Gerechtigkeit unter den mitteldeutschen Ländern außerdem angemessen?
Die Frage erweckt den Eindruck, dass zur Zeit ein Gerechtigkeitsdefizit zu Lasten Thüringens bestünde. Das denke ich nicht. Die bestehende Aufteilung der Aufgabenbereiche der drei MDR-Staatsvertragsländer im MDR-Staatsvertrag ist das Ergebnis von Staatsvertragsverhandlungen, an denen auch Thüringen beteiligt war und auch in der Vergangenheit mitgetragen hat.
Politiker in Thüringen haben öffentlich überlegt, ob der Freistaat nach Auslaufen des Rundfunkstaatsvertrages dem Hessischen Rundfunk beitreten soll. Wäre das eine Option?
Diese Überlegungen wurden öffentlich. Ich meine aber, dass Thüringen beim MDR aus mehreren Gründen gut aufgehoben ist. Nach menschlichem Ermessen müsste dieses Thema eigentlich so schnell aus den Medien verschwinden wie, es hineingekommen ist.