Thüringen hat sich bei der Umstrukturierung des MDR benachteiligt gefühlt. Nun soll ein Zentrum für Medienkompetenz im Freistaat errichtet werden. Ist das eine hinreichende Ansiedlung?
Thüringen ist durch die regionale Gliederung und Standortverteilung des MDR in Folge des nach wie vor geltenden Staatsvertrages vom 30. Mai 1991 benachteiligt (vgl. § 2 MDR-StV).
Danach hat Thüringen mit Erfurt nur einen von insgesamt fünf MDR-Standorten, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben demgegenüber jeweils zwei. Bezogen auf das MDR-Gesamtpersonal hat Thüringen nur einen Anteil von sechs Prozent. Von den gemeinsamen und überregionalen Aufgaben (Zentralbereich) wurde nur die MDR Werbung GmbH (MDRW) mit weniger als 25 Mitarbeitern in Erfurt angesiedelt, während die sonstigen Zentralbereiche neben der Hörfunkdirektion in Halle ausschließlich in Leipzig verortet sind. Bereits hieraus dürften die unausgewogene Standortverteilung des MDR und die „Schieflage“ Thüringens offensichtlich sein.
Das Zentrum für Medienkompetenz soll forschen, aber auch über eine eigene trimedial arbeitende Redaktion verfügen. Was erwarten Sie von so einem Zentrum?
Das im Rahmen des trimedialen Umbaus „MDR 2017“ nunmehr in Erfurt vorgesehene Medienkompetenzzentrum kann die vorgenannten regionalen Disparitäten und die Unausgewogenheit der MDR-Standortverteilung auf keinen Fall ausgleichen bzw. spürbar mindern. Die Ansiedlung weiterer Verwaltungs- bzw. Produktionsbereiche in Thüringen ist somit erforderlich. Dieses ergibt sich nicht nur aus der gegenwärtigen Ist-Situation, sondern ist nach § 2 Abs. 2 Satz 4 MDR-StV ein Gebot und somit ein einzuhaltender Handlungsgrundsatz. So sind nach dieser Vertragsregelung die Länder bei der Ansiedlung von weiteren Einrichtungen oder Gesellschaften angemessen zu berücksichtigen.
Thüringen hat den KIKA, einen Tatort und weitere überregionale Produktionen. Was wäre im Sinne der Gerechtigkeit unter den mitteldeutschen Ländern außerdem angemessen?
Der KiKA ist nicht Teil des MDR, sondern der KiKA von ARD und ZDF. Dieses bedeutet nach dem MDR-StV, dass ausschließlich die Verteilung der gemeinsamen, überregionalen und zentralen MDR-Aufgaben zwischen den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu betrachten ist. Eine Hinzuziehung des KiKA in die MDR-Debatte wäre sachfremd und fachlich nicht korrekt. Thüringen hat zudem erst vor wenigen Jahren als letztes Bundesland mit dem „Tatort“ aus Weimar einen öffentlich-rechtlichen Krimi erhalten, den Sachsen und Sachsen-Anhalt zuvor schon hatten. Die überregionalen Produktionen erfreuen uns sehr, können jedoch keinesfalls das notwendige Gleichgewicht herstellen.
Politiker in Thüringen haben öffentlich überlegt, ob der Freistaat nach Auslaufen des Rundfunkstaatsvertrages dem Hessischen Rundfunk beitreten soll. Wäre das eine Option?
Diesen Gedanken hat der Medienstaatssekretär der Landesregierung geäußert. Die CDU hat diese Option zu keinem Zeitpunkt in die politische Debatte eingebracht und hält diese Überlegung für unseren Freistaat Thüringen auch nicht für sinnvoll und zielführend. Was könnte der Hessische Rundfunk Thüringen bieten, was der MDR nicht hat? Wir setzen nach wie vor auf gemeinsame Anstrengungen der drei beteiligten Länder, um beim MDR eine zukunftsfähige und gerechte Lösung zu erreichen. Entscheidend ist, dass gemeinsame zentrale Aufgaben und deren Wertschöpfung auch am MDR-Standort Thüringen etabliert werden. Im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen beispielsweise wie „Kinderradio“, „Junges Angebot“ oder gar ein mögliches MDR-Bildungszentrum müsste die Standortwahl bei ernsthafter Umsetzung von § 2 Abs. 2 Satz 4 MDR-StV zugunsten von Thüringen ausfallen.