In Nordrhein-Westfalen ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung zur Förderung des Journalismus in Gründung. Ist das ein guter Weg zur Finanzierung von Qualitäts-Journalismus?
Grundsätzlich halte ich dies sogar für einen sehr guten Weg, weil er nicht nur Qualität, sondern auch ein hohes Maß an Unabhängigkeit garantieren könnte. Aber man steht noch ganz am Anfang dieses Weges, der auch ganz schön viele Stolpersteine hat. Zunächst einmal wird die NRW-Stiftung ja nur einige wenige Millionen Euro zur Verfügung haben, weshalb sie auch nur sehr in einem sehr engen Rahmen etwas bewegen können wird. Sie ist nicht mehr als ein Testballon. Sollte das Beispiel Schule machen – in Hessen hat die oppositionelle SPD das Modell auch schon ins Gespräch gebracht -, muss man auf jeden Fall sicherstellen, dass die rechtliche Konstruktion solcher Stiftungen maximale Staatsferne garantiert. Dies ist möglicherweise der größte Stolperstein. Aus meiner Sicht ist Staatsferne aber bei einer Stiftung besser zu gewährleisten als etwa bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Da ist ja über die Jahrzehnte Einiges aus dem Ruder gelaufen.
Bleibt der Journalismus unabhängig, wenn Gremien über investigative Recherchen entscheiden?
Es gibt meines Wissens nach nur sehr, sehr wenige Journalisten, die sich völlig losgelöst von Institutionen und damit in absoluter persönlicher Unabhängigkeit an investigative Recherchen machen. Eine gewisse Abhängigkeit von Geldgebern besteht also immer, egal ob von einem Zeitungsverleger, einer Rundfunkanstalt oder einer Stiftung. Folglich entscheiden so auch immer Gremien mit, direkt oder indirekt. Bei einer öffentlichen Stiftung müsste auf jeden Fall sichergestellt werden, dass auch gesellschafts- bzw. regierungskritische Recherchen möglich sind und nicht allein handzahme Journalisten gefördert werden. Eine einseitig agierende Stiftung würde sehr schnell an öffentlicher Glaubwürdigkeit verlieren und das Modell als solches bis auf weiteres desavouieren.
Kostenfreie Angebote im Internet bedrängen die klassischen Print-Medien. Welche alternativen Wege der Finanzierung von Qualitäts-Journalismus sehen Sie?
Ich persönlich halte das Stiftungsmodell für außerordentlich reizvoll und könnte mir sogar vorstellen, dass auch eine Stiftung Warentest mit ihren Publikationen Pate stehen könnte für weitere Bundesstiftungen im Journalismus. Ich bin aber überzeugt davon, dass sich neben den klassischen werbefinanzierten Ansätzen das Crowdfunding und letztlich auch verschiedene Paywall-Modelle durchsetzen werden. Dazu ist es aber notwendig, dass die Medienmacher in vereinten Kräften den Bürgern klarmachen müssen: Qualität hat ihren Preis. Unabhängiges und intensives Recherchieren ist nämlich ziemlich aufwändig, bringt aber auch einen großen gesellschaftlichen Nutzen. Hier steht nicht zuletzt die Bildungspolitik vor einer großen Herausforderung, die sie bisher eher zaghaft angenommen hat.
So viele Informationen wie heute waren noch nie verfügbar. Braucht es überhaupt neue Finanzierungsquellen?
Es kann gar nicht genug neue Finanzierungsquellen geben! Eine große Vielfalt, ein breites Spektrum, in dem kein einzelner Geldgeber in der Übermacht ist, wäre doch das Ideal einer demokratischen Öffentlichkeit. Und wo wir gerade schon beim Gemeinwohl sind: Es wäre sicher eine ernste Überlegung wert, den – seriösen – Journalismus in den Status der Gemeinnützigkeit zu hieven. Das würde den Produzenten Kostenvorteile verschaffen und auch das öffentliche Ansehen des Journalismus fördern.