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Sky sieht keinen echten europäischen Markt für audiovisuelle Inhalte

Was an der EU-Portabilitätsverordnung gut ist

Lutz Reulecke, Senior Vice President, Regulatory, Public Policy & Youth Protection bei Sky Deutschland Quelle: Sky Deutschland Lutz Reulecke Senior Vice President, Regulatory, Public Policy & Youth Protection Sky Deutschland 31.05.2016
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Eine sogenannte "rechtliche Fiktion" soll dafür sorgen, dass Deutsche auch im Ausland ihre Digital-Abos nutzen können. Sky-Vice-President Lutz Reulecke freut sich über eine "recht pfiffige Lösung". Zugleich mahnt er an, dass etwaige Maßnahmen nicht in die Vertragsfreiheit der Anbieter und Inhalte-Produzenten eingreifen dürfen. 







Die neue EU-Portabilitätsverordnung soll das sogenannte Geoblocking für rechtmäßig erworbene Inhalte beenden und die Erteilung von Lizenzen für den grenzüberschreitenden Zugang zu Inhalten vereinfachen. Wie bewerten Sie die neuen Regeln?
Die Verordnung soll nicht das Geoblocking beenden. Es geht darum, dass zum Beispiel unsere Kunden ihr Sky-Abo mittels Sky Go auch im Urlaub außerhalb von Deutschland in der EU online nutzen können. Das war bislang nicht möglich, weil wir deutschen Kunden nur in Deutschland Sky anbieten durften. Tritt die Verordnung in Kraft, wird sich das ändern.

Die Verordnung sieht hier eine recht pfiffige Lösung vor: Im Prinzip wird so getan, als ob sich unser Kunde mit seinem Abo weiterhin in Deutschland aufhält. Die Kommission spricht hier von einer „rechtlichen Fiktion“. Der Sky-Kunde trägt gewissermaßen eine Deutschlandblase um sich herum, wenn er am mallorquinischen Strand dem Heimatverein beim Abstiegskampf aus der Bundesliga live die Daumen drücken will.

Der Vorschlag soll insgesamt für eine bessere Verbreitung von Inhalten und eine größere Auswahl für den europäischen Verbraucher sorgen. Schafft der neue Rechtsrahmen einen echten europäischen Markt für digitale Inhalte?
Deutsche haben einen anderen Geschmack und andere Vorlieben als Engländer. Daher gibt es keinen echten europäischen Markt für audiovisuelle Inhalte. Sehr deutlich wird das beim Sport. Cricket erfreut sich großer Beliebtheit auf der Insel. Engländer sind bereit, für die Übertragung von Cricket im Pay-TV Geld zu zahlen. Europaweit hat sich nur ein werbefinanziertes Angebot durchsetzen können. Ein weiteres Beispiel: In Deutschland hat die Bundesliga natürlich ein anderes Preisschild als in England. Wer fiebert in England schon für einen deutschen Mittelklasse-Verein? Ebenso dürfte in Deutschland der Premiere-League-Verein West Brom eine überschaubare Fanbase haben.

Die unterschiedlichen Präferenzen müssen sich in unterschiedlichen Angeboten wiederspiegeln. Das wird auch auf längere Sicht so bleiben. Ein einheitlicher europäischer Markt ist daher zu einem guten Teil heute noch Wunschdenken engagierter Politiker in Brüssel. Daran wird kein Rechtsrahmen etwas ändern können.

Rechteinhaber beklagen, die neuen Regeln würden etablierte Lizenzierungsmodelle bedrohen. Wie stehen Sie zu diesen Einwänden?
Der jetzige Verordnungsvorschlag ändert nichts an den aktuellen Lizenzierungsmodellen. Durch die rechtliche Fiktion (vgl. Frage 1) müssen keine Lizenzierungsmodelle angepasst werden.

Die Portabilitäts-Verordnung scheint nur ein Baustein der Kommission im Rahmen der „Digital Single Market“-Strategie zu sein. Welche Initiativen erwarten Sie noch von der Kommission?
Grundsätzlich muss man zwei Dinge voneinander trennen: Die Portabilität von Inhalten betrifft Kunden, die auf Reisen ihr Abonnement nutzen wollen. Ein anderer eng verwandter Aspekt ist die Frage, ob nationale Pay-TV-Angebote von Bürgern aus anderen EU-Ländern abonniert werden können. Das wäre dann der Fall, wenn zum Beispiel ein französischer Bürger in Frankreich das deutsche Sky Angebot abonnieren könnte. Dies ist gerade aufgrund unserer nur für Deutschland erworbenen Lizenzen nicht möglich. Hier gilt auch keine rechtliche Fiktion. Eine entsprechende Initiative der Kommission würde das Urheberrecht in Europa auf den Kopf stellen.

Daher ist es unserer Auffassung nach entscheidend, dass die Kommission bei allen Maßnahmen für den Digital Single Market den ökonomische Realitäten und kulturellen Besonderheiten in Europa Rechnung trägt und nicht in die Vertragsfreiheit der Anbieter und Inhalte-Produzenten eingreift.

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