Die Digitalisierung verändert die Prozesse in der Industrie. Wie unterstützen Sie die Unternehmen in Ihrem Bundesland auf diesem Weg?
Wir unterstützen vor allem durch unsere Breitbandstrategie 2030. Ihr Ziel ist der flächendeckende Ausbau mit Glasfasertechnologie. Denn ohne die entsprechende digitale Infrastruktur funktioniert Industrie 4.0 nicht.
Mit dem „Bündnis für Industrie SH“ haben wir zudem eine Plattform geschaffen, die sich intensiv mit diesem Themenfeld beschäftigt. Im Bündnis arbeiten Vertreter aus Unternehmen, Wissenschaft, Sozialpartnern, Wirtschaftsverbänden und Verwaltung zusammen, um vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung zu unterstützen. Konkret geplant ist zum Beispiel ein Kompetenzzentrum eigens für den Mittelstand.
Die Digitalisierung gibt den Prozessen in der Logistik einen Schub. Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Bundesland mit den zunehmenden Verkehrsströmen?
Der Güterverkehr wird auch in Schleswig-Holstein erheblich zunehmen, weshalb wir sicherstellen müssen, dass die Infrastruktur den steigenden Anforderungen gewachsen ist. Die geplanten Investitionen in Infrastruktur allein werden aber für die Mobilität der Zukunft nicht ausreichend sein. Verkehrsmittel müssen besser vernetzt werden, erforderlich sind verkehrsträgerübergreifende Strategien zur Intelligenten Mobilität. Hierzu haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse wir im Herbst der Öffentlichkeit vorstellen wollen.
Die Digitalisierung im Bereich Logistik wollen wir im nächsten Jahr gesondert aufgreifen. Zunächst ist geplant, die gesamte Logistikbranche an einen Runden Tisch zu holen, um gemeinsam für die Herausforderungen der Zukunft Ideen zu entwickeln. Dazu gehören zukunftsweisende Technologien wie Oberleitungssysteme für elektrobetriebene LKWs oder das sogenannte „Platooning“, also das automatisierte Fahren in Kolonne mithilfe eines digitalen Steuerungssystems.
Komplexere Technologien benötigen exzellente Fachkräfte. Wie investieren Sie in Bildung und Ausbildung?
Die Fachkräftesituation in Schleswig-Holstein ist trotz der aktuellen Zuwanderung nach Schleswig-Holstein und losgelöst vom Thema Digitalisierung folgendermaßen: Bis ins Jahr 2030 werden uns insgesamt 97.000 Fachkräfte fehlen, davon rund 85.000 mit mittlerer Qualifikation und 12.000 Fachkräfte mit Hochschulabschluss – wenn wir nicht aktiv gegensteuern. Das tun wir aber: Mit der 2012 von 23 Partnern aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft, Politik und Kommunen ins Leben gerufenen Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ setzen wir in Schleswig-Holstein in allen Bereichen der Fachkräftegewinnung, -sicherung und -bindung starke Akzente, um die drohende Fachkräftelücke zu schließen. Wir haben im Rahmen des Landesprogramms Arbeit verschiedene Angebote geschaffen, um bestimmte Zielgruppen noch besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und „Stille Reserven“ zu heben. Dazu gehören etwa Frauen, die dem Arbeitsmarkt nicht (mehr) zur Verfügung stehen, ältere Arbeitslose, Migranten und Flüchtlinge. Für letztere haben wir z. B. gerade ein passgenaues Programm gestartet, um Flüchtlingen den Übergang in Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen.
Ein Blick in die Zukunft: Wie wird „Smart Industry“ Ihr Bundesland in den nächsten Jahren verändern?
Nachdem Vorreiter der Digitalisierung in Schleswig-Holstein – also z. B. die Unternehmen TKMS, Flensburger Schiffbaugesellschaft FSG, Stryker, Greylogix oder SLM Solutions – ihre Betriebe mit modernen digitalisierten Prozessen ausgestattet haben, springen immer mehr KMU in Schleswig-Holstein auf diesen Zug auf, auch dank spezifischer Beratungsangebote.
Die digitale Produktion macht dabei längst nicht mehr an Fabrikgrenzen halt, vielmehr gibt es immer mehr automatisierte und über das Internet gesteuerte Prozesse entlang kompletter Wertschöpfungsketten. Dadurch entstehen neue Geschäftsmodelle – etwa ortsunabhängige Wartungspakete für Motoren und ganze Produktionsabschnitte. Und es entwickeln sich neue Berufsbilder, die wiederum entsprechende Qualifizierungen und Weiterbildungsangebote benötigen. Schleswig-Holstein formuliert deshalb eine Digitale Agenda, die Digitalisierung umfassend in den Blick nimmt – von „Schule ans Netz“ bis internetbasierte Lerninstrumente in der Weiterbildung, von eGovernment bis Arbeit 4.0, von SmartMeter bis Digital Health.