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Interview19.06.2018

Schlankere Strukturen und Geld ins Programm

Wie die Denkfabrik-Pläne des Deutschlandradio zu bewerten sind

Prof. Wolfgang Kenntemich, Medienberater und Direktor des EIQ Europäischen Instituts für Qualitätsjournalismus e.V. Quelle: PR Prof. Wolfgang Kenntemich Direktor EIQ Europäisches Institut für Qualitätsjournalismus e.V.
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Für Prof. Wolfgang Kenntemich, Medienberater und Direktor des EIQ Europäischen Instituts für Qualitätsjournalismus e.V.,  ist "es eine der wichtigsten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Medien, Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen und damit Orientierung zu geben." Wenn sich das Deutschlandradio dazu wieder bekenne, sei das nur zu begrüßen.





Deutschlandradio  will ab kommenden Jahr „die großen Fragen der Zeit diskutieren und Orientierung geben“ und zu einer „Denkfabrik“ werden. Wie bewerten Sie die Planungen aus dem Öffentlich-rechtlichen Rundfunk - sind solche Inhalte nicht grundsätzlich im Programmauftrag verankert?
Sicher ist das nicht ganz neu. Schon Ende der 90er und Anfang der 2000er Jahre haben MDR und BR in der ARD große Themenabende zu drängenden Fragen der Zeit, wie Arbeitslosigkeit, Innere Sicherheit oder Euro, im Fernsehen gesendet. Mit großem Erfolg. Denn in der Tat ist es eine der wichtigsten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Medien, Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen und damit Orientierung zu geben. Wenn sich das Deutschlandradio dazu jetzt wieder bekennt, ist das nur zu begrüßen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird von der ganzen Gesellschaft finanziert und darf keine Meinung oder Partei „aus Prinzip“ diskriminieren. Wie sollte ein journalistisch sauberer Radio-Journalismus in Zeiten von Nationalismus, Polarisierung, Populismus und Unversöhnlichkeit aussehen?
Radio-Journalismus muss sich selbstverständlich, wie redaktionelle Arbeit in den Medien insgesamt, vor allem an den professionellen Standards messen lassen. Dazu gehören vor allem Faktentreue, Fairness, Transparenz und Ausgewogenheit. Ein wichtiges Kriterium bei der Themenauswahl und Themensetzung ist aber auch die Relevanz. Wenn z. B. rechte Parteien in gang Europa auf dem Vormarsch sind, muss selbstverständlich auf nationalistische, populistische und polarisierende gesellschaftliche Tendenzen eingegangen, aber zugleich deutlich gemacht werden, welche Folgen für den Zusammenhalt einer Gesellschaft eine solche Haltung und Politik hat. Also nicht ausgrenzen, sondern sich sachlich und kenntnisreich damit auseinandersetzen, aber eben nicht auf jeden "Vogelschiss" reagieren bzw. hereinfallen.

Was muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig besser machen? Oder ist der duale Rundfunk generell obsolet?
Wenn wir die Medienentwicklungen in anderen Ländern sehen, ist der duale Rundfunk für Deutschland geradezu ein Segen. Weil er Konkurrenz und Vielfalt bietet, zugleich aber auch kulturelle Nischenangebote garantiert. Aber sowohl Private wie Öffentlich-Rechtliche müssen sich endlich mit den digitalen Lebenswelten auseinandersetzen und die Herausforderungen ihrer tatsächlichen Gegner wie Netflix, Amazon oder Google annehmen. Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten heißt das vor allem: Schlankere Strukturen, mehr Geld ins Programm, Schwerpunkte mit tollen Hochglanz-Serien und -Dokumentationen setzen, Die Nummer 1 bei der zuverlässigen, glaubwürdigen, verständlichen Information bleiben.

Welche journalistischen Standards sind Ihnen bei der Berichterstattung wichtig?
Neben den bisher schon genannten Standards ist aus meiner Sicht besonders wichtig: Die saubere Recherche mit Überprüfung der Quelle und der Fakten, sowie die kenntnisreiche Einordnung in gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Also: Gründlichkeit vor Schnelligkeit! Das Europäische Institut für Qualitätsjournalismus EIQ entwickelt übrigens gerade zusammen mit der HTWK Leipzig eine interaktive Internet-Plattform mit dem Namen "Media Quality Watch", auf der Medienmacher, Experten und Recipienten anhand von Beispielen, Fällen und wissenschaftlichen Erkenntnissen über journalistische Qualitätsstandards in der sich weiter wandelnden digitalen Medienwelt diskutieren können.

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