Nach Berichten der Zeitung „Die Welt“ hat der MDR die Aufstiegsfeier für den Fußball-Verein RB Leipzig organisiert und der Verein diese finanziert. Wie bewerten Sie diese Form der Zusammenarbeit?
Diese Form von private public partnership hat mich zunächst überrascht. Aber bei genauerem Nachdenken spricht viel dafür, dass sich der MDR als „Heimatsender“ von der Präsenz des Erstliga-Fußball in Leipzig einiges verspricht. Da ist der Sender nah dran, an den Spielern, dem Verein, den Geschichten, der Werbung. Auch der MDR muss mit dem Geld der Gebührenzahler effektiv umgehen. Ich kann mit dieser Form von PPP leben und bin gespannt, wie die „Produkte“ dieser Zusammenarbeit aussehen werden. Transparenz würde ich mir allerdings wünschen. Warum nicht öffentlich sagen, was die Gründe für die Zusammenarbeit sind und was vereinbart wurde?
Die Band „Silly“ ist nach eigenen Aussagen nicht einer RB-Aufstiegsfeier sondern zu einem ostdeutschen Fußball-Fest eingeladen – und dann von den Fans für das Tragen „fremder“ Vereinstrikots ausgepfiffen - worden. Wie bewerten Sie diesen Vorgang?
Nun ja, die Vielfalt der von Silly getragenen Trikots spricht für die besondere Verbundenheit der Band mit dem Leben der Ostdeutschen und ihren Fußballtraditionen. Union Berlin, Dynamo Dresden, Hansa und den 1. FC Magdeburg auf einem „ostdeutschen Fußballfest in Leipzig“ in Form von Trikots spazieren zu tragen, spricht wohl eher für den besonderen Humor und die Hintergründigkeit von Silly. Schade, dass das Trikot des FC Erzgebirge Aue nicht dabei war, denn das ist meine Mannschaft.
Im Übrigen teile ich die Intentionen der laufenden Debatte um Clubs mit Tradition und Geschichte und solche, die zwar Geld und Erfolg, aber keine Tradition haben, nicht. Das sind die Debatten der Alten. Ich vermute mal, dass Silly eine Botschaft an ihre Fans außerhalb des Leipziger Marktplatzes senden wollte, die Reaktionen waren dann entsprechend. Als ich vor kurzem ein Gymnasium in Leipzig besuchte, wurde der Aufstieg von RB mit viel Gefühl und Verbundenheit bejubelt. Das sind die Jungen und die sind froh, hochklassigen Fußball in der Stadt zu haben. Da wächst im Osten eine neue Identität und Verbundenheit – und das finde ich gut so.
In diesem Jahr hat der MDR allein aus Sachsen von drei Aufstiegen ausführlich berichtet. Genau richtig – oder zu viel Feierei abseits des Sports?
Es ist tatsächlich ein besonderes Fußball-Sportjahr für Sachsen gewesen und da denke ich, die ausführliche Berichterstattung des MDR war angemessen. Sachsen ist präsent in der 1. Bundesliga und 2 sächsische Mannschaften spielen in der 2. Bundesliga. Wann gab es das schon mal?
Wie sollte aus Ihrer Sicht insgesamt über hochklassige Fußball-Vereine - die ja auch Wirtschaftsunternehmen und Werbeträger sind – im öffentlich-rechtlichen Regionalprogrammen berichtet werden?
Natürlich spielen hochklassige Fußball-Vereine für die Identität einer Region eine wichtige Rolle. Allerdings sehe ich mit Sorge, was in Mitteldeutschland Städte und Landkreise an öffentlichen Mitteln in die Fußball-Infrastruktur stecken. Die neuen Stadion schießen wie Pilze aus dem Boden und die Argumente sind immer die gleichen: Marketing für Stadt oder Region, Werbung und Arbeitsplätze und natürlich der Sport als Freizeitgestaltung für Jedermann. Und jedem skeptischen Kommunalpolitiker wird in Sachsen vorgerechnet, wie schnell sich das alles rechnet, wenn der Fußball-Verein dann hochklassig spielt. Mich haben diese Argumente noch nie überzeugt, Zumal das Geld dann für Schwimmhallen oder andere Sportinfrastruktur fehlt. Je mehr die Sportberichterstattung die Sonderstellung des Fußballs befördert, umso schwieriger wird es, das gleichberechtigte Nebeneinander der Vielfalt des Sports darzustellen. Diese Entwicklung gefällt mir nicht. Deshalb erwarte ich von Regionalsendern auch, dass sie genau diese Vielfalt zeigen.