In der ARD wird über eine gemeinsame Online-Plattform mit Privaten Rundfunkanbieter und weiteren Institutionen wie Archiven und Museen nachgedacht. Wie stehen Sie ganz prinzipiell zu dieser Idee?
Die grundsätzliche Idee einer gemeinsamen Plattform klingt sehr spannend. Die Idee einer Plattform von „Qualitätsanbietern“, wie sie der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm vorgeschlagen hat, würden wir grundsätzlich begrüßen. Da den Ländern die Zuständigkeit für Regelungen des Rundfunks obliegt, wollen wir gemeinsam mit den Ländern die Medienvielfalt erhalten und unterstützen. Schon jetzt bedarf es einer stärkeren crossmedialen Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese müsste sich dann auch in einer gemeinsamen künftigen Plattform niederschlagen.
Es ergeben sich aber viele Fragen, wie eine solche Plattform überhaupt gestaltet und realisiert werden könnte. Vor allem stellt sich auch dann die Frage, wie der publizistische Wettbewerb und die Vielfalt sowie die Eigenständigkeit der journalistischen Angebote gesichert werden können. Auf der anderen Seite könnten bestehende Abhängigkeiten und Wettbewerbsnachteile insbesondere von amerikanischen Internetunternehmen abgebaut werden. Konzeptionell stellt sich die Frage, ob es sich um einen reinen Intermediär handeln soll oder ob eine neue Medienplattform auch für eigene ihr zuzurechnende Inhalte geschaffen wird. Einen Einblick in die umfassende Diskussion zur Plattformregulierung gibt auch der Mediendialog der SPD-Bundestagsfraktion: https://www.spdfraktion.de/themen/fachdialog-spd-fraktion-plattformregulierung. Es bestehen offensichtlich erhebliche rechtliche und wohl auch tatsächliche Hürden, so eine Plattform zu schaffen.
Wichtig ist uns aber, dass wir für eine gelingende Demokratie eine vielfältige und funktionsfähige Presse- Medien- und Meinungslandschaft in Deutschland brauchen und diese auch künftig erhalten. Dafür wird eine so noch sehr unvollständig skizzierte Plattform alleine wohl nicht reichen.
Wenn Öffentlich-Rechtliche, Private und staatliche Institutionen zusammenarbeiten – wer könnte und sollte in so einer Konstellation über die Inhalte und deren Platzierung entscheiden?
Wie eine derartige Entscheidung aussehen kann, müsste intensiv öffentlich diskutiert werden. Wichtig erscheint es schon jetzt, dass es ein Prozess sein müsste, der partizipativ und staatsfern organisiert ist. Ein wichtiges Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion ist es, dass gesellschaftlich relevante journalistische Inhalte auch in Zukunft im Netz auffindbar sind. In einem zeitgemäßen Medienrecht ist daher eine „Must-be-found“-Regelung zu integrieren. Dies könnte eine Alternative zu einer gemeinsamen Plattform darstellen.
Welche Bezahlmodelle könnten Sie sich für welche Inhalte vorstellen? Lässt sich der technologische Rückstand gegenüber den US-Plattformen überhaupt noch aufholen? Und wer sollte so einen deutschen Netzriesen kontrollieren?
Wir finden uns inmitten einer medienpolitischen Diskussion über die Stärkung von Medienfreiheit, Medienvielfalt und -qualität im digitalen Zeitalter. Die Fragen der technischen Ausgestaltung schließen sich dann an. Auch die Frage der Finanzierung muss neu gestellt werden. Es bedarf dringend neuer Finanzierungsinstrumente für journalistisch-redaktionelle Inhalte, um Qualitätsjournalismus langfristig sicherzustellen. Die Entwicklung dieser neuen Finanzierungsinstrumente wollen wir unterstützen.
Die Idee einer (öffentlich-rechtlichen) Plattform unter demokratischen Spielregeln ist auch deshalb attraktiv, weil sie Datenkraken wie facebook, google und Co. etwas entgegensetzen kann. Nicht wenige Geschäftsmodelle funktionieren über ein grenzenloses big data und über Profilbildung. Die SPD-Bundestagsfraktion ist aber von jeher der Auffassung, dass auch für die virtuelle Welt alle gesetzlichen Regelungen gelten. Da oftmals die Rechtsdurchsetzung gerade gegenüber den großen Internetkonzernen schwierig ist und diese sich den gesetzlichen Vorgaben entzogen haben, bedarf es weiterer Regulierungen, wie sie z.B. die Datenschutzgrundverordnung leistet. Dies leistet auch einen Beitrag zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs.
Unverkennbar ist, dass für die Gestaltung der Medienordnung die europäische Ebene eine immer stärkere Bedeutung gewinnt. Der Bund und die Länder setzen sich deshalb gemeinsam für moderne Regeln ein, die die Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt gewährleisten und Meinungsmonopole verhindern sollen.
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