In der ARD wird über eine gemeinsame Online-Plattform mit Privaten Rundfunkanbieter und weiteren Institutionen wie Archiven und Museen nachgedacht. Wie stehen Sie ganz prinzipiell zu dieser Idee?
Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD bekennt sich ausdrücklich zu unserer dualen Medienordnung mit starken öffentlich-rechtlichen und starken privaten Anbietern. Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von sozialen Medien und der großflächigen Nutzung von Relevanzfiltern in Form von Algorithmen ist es dringend erforderlich, über branchenübergreifende Kooperationen ebenso wie einen zeitgemäßen Regulierungsrahmen nachzudenken. Allianzen werden im Zeitalter der Digitalisierung immer wichtiger, um der dominanten Einflussnahme der Big Player aus dem Silicon Valley gegenzusteuern. Eine gemeinsame Inhalte-Plattform ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Idee ist allerdings nicht neu. Schon vor Jahren hat ProSiebenSat.1 gemeinsam mit anderen Medienhäusern eine Videoplattform initiiert als Pendant zu YouTube und Co. Das Projekt ist damals am Kartellamt gescheitert.
Wenn Öffentlich-Rechtliche, Private und staatliche Institutionen zusammenarbeiten – wer könnte und sollte in so einer Konstellation über die Inhalte und deren Platzierung entscheiden?
Am besten der Nutzer selbst bzw. die Attraktivität des Inhalts. Die Inhalteanbieter, die gemeinschaftlich eine solche Plattform aufbauen, müssen sich im Konsens über Gestaltung, Startbildschirm, Kriterien verständigen. Die Auffindbarkeit der Inhalte muss gesichert sein ebenso wie die Individualisierung durch den Nutzer. Ein regulierendes Eingreifen von außen ist dazu meines Erachtens nicht notwendig.
Welche Bezahlmodelle könnten Sie sich für welche Inhalte vorstellen?
Das ist eine Grundsatzfrage, die wir uns losgelöst von einer gemeinsamen Online-Plattform stellen müssen. Fakt ist, dass sich das Mediennutzungsverhalten verändert. Junge Menschen bewegen sich zunehmend häufig in digitalen Parallelwelten. Deshalb sollte der Grundversorgungsauftrag nicht mehr allein den Öffentlich-rechtlichen Sendern überlassen bleiben, weil diese nicht mehr die Masse der Bevölkerung erreichen und gerade bei jungen Menschen Aufholbedarf haben. Wir sind der Gesellschaft verpflichtet, auf diese gravierenden Veränderungen so schnell wie möglich durch eine Neugestaltung unserer Medienordnung zu reagieren.
In der heutigen Zeit zählen Inhalte mehr als die Reputation eines Senders oder der Name einer Zeitung. Ziel muss daher sein, gesellschaftspolitisch relevante Inhalte zu fördern - und zwar unabhängig davon wer sie sendet, druckt oder produziert. Kurzum: Wir dürfen die öffentliche Finanzierung nicht länger an Institutionen binden. Da gerade auch private Anbieter einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung bei jungen Zielgruppen leisten, sollten wir dieses Potential nutzen und Inhalte finanzieren. Durch ein institutionsunabhängiges Finanzierungsmodell stärken wir unser pluralistisches Mediensystem und erreichen vermehrt junge Menschen mit integrativen Angeboten. Dies ist nicht nur Basis unseres dualen Rundfunksystems, dies ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie.
Mit einer solchen Plattform soll eine Alternative zu Netzgiganten wie Facebook oder der Google-Plattform YouTube geschaffen werden. Lässt sich der technologische Rückstand gegenüber den US-Plattformen überhaupt noch aufholen?
Ja. Gemeinsam haben wir durchaus Möglichkeiten, der Dominanz der amerikanischen Netzunternehmen entgegenzutreten. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Digitalindustrie definiert sich weniger über den Stand der Technik. Es gilt vielmehr, die gesetzlichen Regulierungen aus einer analogen Zeit an die Anforderungen einer volldigitalisierten Welt anzupassen. Wir brauchen einheitliche Marktbedingungen, die der europäischen Medienindustrie reelle Wettbewerbschancen gegen die globale Macht der finanzstarken und teilweise antidemokratischen Internetgiganten bieten.
Wenn ein solcher, deutscher Netzriese entsteht – wer sollte diesen kontrollieren?
Redaktionelle Unabhängigkeit und Staatsferne sind die Grundvoraussetzungen. Die bestehenden Aufsichtsgremien wie z.B. die Landesmedienanstalten könnten dies im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Plattformregulierung sicher übernehmen.
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