Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) startet zur Internationalen Funkausstellung einen DVB-T-Radiotest. Zum ersten Mal in Deutschland sollen über 30 digitale Radiosender zunächst für ein Jahr über DVB-T verbreitet werden. Im Großraum Berlin, wo die Umstellung auf das digitale Antennenfernsehen DVB-T bereits 2003 erfolgt ist, können die Bürger nun mit ihren Set-Top-Boxen nicht nur Fernsehen, sondern auch digitales Radio empfangen. In anderen Ländern wie Großbritannien wird DVB-T schon seit längerer Zeit für Radio-Dienste genutzt, während die deutschen Landesmedienanstalten beim digitalen Radio bisher ausschließlich auf DAB setzten. “Das britische Beispiel zeigt, dass DVB-T und DAB sich gegenseitig befruchten können”, so Hans Hege, Direktor der MABB. “DVB-T bietet für Radioanbieter mehr Übertragungsmöglichkeiten. Ein Nachteil ist allerdings die Ausrichtung auf stationären und portablen Empfang, während DAB seine Vorteile in der Mobilität hat.”
Aus diesem Grund sieht auch die Initiative Marketing Digital Radio (IMDR) die Verbreitung über DVB-T nicht als DAB-Ersatz an. Außerdem fehle DVB-T der regionale Bezug, sagte IMDR-Sprecher Thomas Melzer. “Die Berliner Initiative kann zwar die zentral ausgelegte Hörfunkstruktur Berlins abbilden, für Flächenstaaten mit ausgeprägten lokalen und regionalen Hörerbindungen geht die Hörfunkverbreitung über DVB-T jedoch an den Marktgegebenheiten vorbei.” Problematisch sei auch, dass es beim Umschalten von einem Programm zum anderen bei DVB-T eine zu lange Verzögerung gebe.
Der Ballungsraum Berlin gehört mit etwa 45 Stationen zu den größten Hörfunkmärkten Europas. Ende vergangenen Jahres hatte die MABB vorgeschlagen, den bisherigen DAB-Ansatz aufzugeben, um einen Neustart mit Technologien wie DVB-T und DMB zu beginnen. “Zeigt sich eine entsprechende Nachfrage, werden wir die Vergabe der Kapazitätenfür eine längere Frist vorbereiten“, erklärte Hege.
Mario Gongolsky, Chefredakteur der Zeitschrift “reinHören”, sieht in der Entweder Oder-Debatte um DVB-T und DAB ein reines PR-Gewitter: “Systementscheidungen haben internationale Tragweite und werden nicht von der Medienpolitik eines deutschen Bundeslandes bestimmt. Die DVB-T-Ausstrahlung ist recht teuer und dürfte in absehbarer Zeit nur für Ballungsräume rentabel sein. Digital Radio DAB steht dagegen bundesweit bereits fast flächendeckend zur Verfügung.“
Der Anbieter TechniSAT, der bereits über Astra ausstrahlt, wird zwölf Programme unverschlüsselt für den DVB-T-Radiotest beisteuern. Für den Test wird der Kanal 59 genutzt.