Medien, Politik und Regulierer ringen derzeit heftig um die Medienwelt der Zukunft. Daher haben Sie die Idee eines nationalen medienpolitischen Schiedsgerichts ins Spiel gebracht. Was steckt hinter Ihrer Idee?
Die Medien befinden sich mehr denn je in einem ständigen Wandlungsprozess. Dieser führt zu einem extrem hohen Innovationsdruck mit entsprechend kurzen Produktzyklen. Viel häufiger als früher sind Medienunternehmer gezwungen, im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern die Tätigkeitsfelder neu abzugrenzen. Um Planungssicherheit zu erhalten, wird dabei oft die Hilfe der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Anspruch genommen. Der juristische „Produktzyklus“ liegt aber hier oft bei mehreren Jahren bis zum Erlass eines rechtskräftigen Urteils. Das bedeutet aber in der schnelllebigen Medienwelt für viele Ideen das vorzeitige Aus. Wir brauchen deshalb mehr Tempo bei der Herstellung von Rechtssicherheit.
Welche Fragen und Themen sollen dort ggf. erörtert und geschlichtet werden?
Aus meiner Sicht sind es vor allem Fragen der Positionierung der Medienunternehmen im Wettbewerb untereinander. Beispiel: Der Rechtsstreit zur „Tagesschau-App“ zog sich über Jahre hin, bis am Ende der Bundesgerichtshof entschied, die Angelegenheit zur weiteren Beweiserhebung an die Tatsacheninstanz zurückzuverweisen. Der BDZV rechnet jetzt mit weiteren 4 Jahren Verfahrensdauer.
Obwohl es hierbei um Abgrenzung der Terrains im Markt ging, sollte ein Medienschiedsgericht nicht von vornherein auf bestimmte Themenfelder begrenzt sein. Wie wir alle wissen, ist der Erfindungsreichtum der Realität unübertroffen. Wichtig ist, dass wir flexible Regeln für die Inanspruchnahme der Entscheidungskompetenz eines solchen Spruchkörpers haben: Die Parteien müssen die Möglichkeit haben, durch eine im Einzelfall getroffene Schiedsvereinbarung jederzeit auf den Sachverstand des Medienschiedsgerichts zugreifen zu können.
In welchem juristischen Gesamtgefüge sehen Sie das geplante nationale Schiedsgericht?
Unsere Zivilprozessordung enthält detaillierte Regelungen für die Arbeit von Schiedsgerichten. Diese sind über Schnittstellenregelungen auch in das System der ordentlichen Gerichtsbarkeit eingebunden. Natürlich kann ein Schiedsgericht kein eigenes Recht schaffen; es ist an die einschlägigen Normen des Bundes- oder Landesrechts gebunden. Das bedeutet, dass Fragen wie beispielsweise die einer Neuregelung des ordnungsrechtlichen Rahmens für die privaten Sendeunternehmen oder der Werberegelungen für öffentlich-rechtliche Sendeanstalten dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.
Wen schlagen Sie als Kopf des Schiedsgerichts vor und wo sollte das Gremium seinen Sitz haben?
Kopf des Medienschiedsgerichts sollte eine Persönlichkeit sein, die sowohl über eine exzellente juristische Qualifikation als auch – und das halte ich ebenfalls für unabdingbar – über medienwirtschaftlichen Sachverstand und Sozialkompetenz verfügt. Als Sitz des Medienschiedsgerichts kann ich mir gut Leipzig vorstellen. Leipzig hat eine lange Tradition als Medienstadt und beherbergt mit dem Bundesverwaltungsgericht und dem V. Strafsenat des Bundesgerichtshofes oberste Gerichte des Bundes. Andererseits tagt ein solches Gericht nicht permanent.