Reichlich die Hälfte der Befragten des aktuellen Digitalisierungsmonitors sind mit den Online-Angeboten der Behörden zufrieden – wie bewerten Sie das?
In Anbetracht des eher geringen Angebots an reinen Onlinediensten, ist diese Zahl erstmal positiv zu bewerten, zeigt meines Erachtens aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger eher geringe Erwartungen an eine digitale Verwaltung haben. Insbesondere bei Diensten, die über eine reine Informationsbeschaffung oder Kommunikation hinausgehen, sind wir in Deutschland flächendeckend bis dato eher schwach aufgestellt. Oft hapert es an der Durchgängigkeit, da viele behördeninterne Prozesse nicht ausreichend digital unterstützt werden. Die Bandbreite der Online-Angebote ist von Behörde zu Behörde auch sehr unterschiedlich und selbst innerhalb einer Behörde existieren teils gravierende Diskrepanzen in der digitalen Unterstützung der angebotenen Dienste. So ist es bspw. möglich, gewisse Anträge online auszufüllen, allerdings können diese im Anschluss nicht digital versendet werden. Solche Medienbrüche sorgen oft für Frustration. Hier hat sich in den letzten Jahren allerdings sehr viel getan und das Land NRW befindet sich mit der Umsetzung des eGovernmentgesetzes auf einem guten Weg, wobei erst einige Meter eines langen Marathons zurückgelegt wurden.
Auf der anderen Seite haben auch nur reichlich die Hälfte schon einmal Online-Angebote der genutzt. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Dies sind wirklich wenige. Das positivste daran ist, dass 44% der Befragten angaben, dass sie noch keine Online-Dienste verwendet hatten, weil sie keinen Bedarf an Behördenleistungen hatten. Tatsächliche Bedenken scheint es eher weniger zu geben. Die geringe Nutzung hat meines Erachtens hauptsächlich zwei Gründe. Zum einen ist das Online-Angebot bis dato eher gering und zum anderen sind die „Nutzungsbarrieren“ recht hoch. So sind zur Nutzung der Online-Ausweisfunktion insgesamt drei „Hürden“ zu nehmen: der potenzielle Kunde muss den neuen Ausweis besitzen, die eID-Funktion aktiviert haben und auch noch ein entsprechendes Lesegerät besitzen. Man stelle sich vor Amazon oder irgendein anderes Unternehmen würde dies von seinen Kunden erwarten…
Es ist klar, dass E-Government-Angebote aufgrund gesetzlicher Regularien tendenziell höhere Nutzungsbarrieren haben werden, eine Vereinfachung des Zugangs ist aber zwingend notwendig. Auch ist es so, dass einige Verwaltungsabläufe noch immer das persönliche Erscheinen voraussetzen, ein Umstand, der dank der eID eigentlich nicht mehr zwingend notwendig wäre.
Über alle Altersgruppen hinweg wünschen sich die Befragten gebündelte Behördendaten – was spricht gegen die Verwaltung auf einen Mausklick?
Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Bündelung von Behördendaten, ganz im Gegenteil. Aus meiner Sicht ist dies einer der kritischen Erfolgsfaktoren einer E-Government-Strategie. Bis dato nutzen ein Großteil der Nutzer kommunale Online-Portale und nur die wenigsten greifen auf das Angebot des Bundes und der Länder zurück. Ich hoffe, dass sich dieser Umstand mit der Umsetzung des in 2016 beschlossenen Portalverbunds ändert. An diesem Vorhaben zeigt sich im Übrigen auch der Unterschied zwischen dem so oft genannten E-Government-Leuchtturmstaat Estland und einem Land wie Deutschland. Aufgrund gewachsener Strukturen und diversifizierten Verantwortlichkeiten, Prozessen und IT-Infrastrukturen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene sind solche Projekte hier einfach schwerer realisierbar.
Nur verschwindend wenige Bürger haben ein Lesegerät, um die elektronischen Funktionen des neuen Personalausweises vollständig zu nutzen. Wie kann die E-ID noch zum Erfolg werden?
Aus meiner Sicht wurde das System in vielerlei Hinsicht nicht richtig vermarktet, es war und ist zu umständlich zu nutzen und der Mehrwert für den Bürger aufgrund des geringen und teilweise nicht durchgängig online nutzbaren Angebots eher gering. Obwohl die eID nun von vielen Behörden unterstützt wird, ist die Nutzungsrate immer noch gering. Als Erfolgsfaktoren sind aus meiner Sicht zwei Aspekte zu nennen. Zum einen sollten mehr Angebote als vollständig nutzbare Online-Dienste realisiert werden. Dies ist einfacher gesagt als getan, da hierfür auch viele behördeninterne Prozesse zu digitalisieren sind. Zum anderen sollten die Eintrittsbarrieren verringert werden. Die „AusweisApp2“ ist hier ein gutes Beispiel. Die App bietet dieselbe Funktionalität eines Kartengerätes und macht so den Kauf obsolet. Die App kann einfach auf einem Smartphone installiert werden und nutzt den internen NFC-Scanner des Gerätes, um den eID fähigen Personalausweis zu scannen. Über einen PC oder Laptop können die eingescannten Daten dann übertragen werden. Die „AusweisApp2“ wird inzwischen schon von mehreren Behörden unterstützt.