Viele Radiostationen entdecken die Dialekte und die Mundart ihrer Region wieder und senden Programme jenseits von Hochdeutsch. Welche Sendungen gibt es bei Ihnen? (Und was versprechen Sie sich von der Ausstrahlung?)
NDR 1 Welle Nord sendet seit eh und je plattdeutsche und auch friesische Sendungen und Formate. Einige haben Tradition, andere sind in den vergangenen Jahren dazu gekommen. Mit neuen Formaten wollen wir die niederdeutsche Sprache auch für nachwachsende Zielgruppen interessant machen. Das ist wichtig, um die Sprache am Leben zu erhalten! Seit einigen Jahren veranstalten wir in Schleswig-Holstein „Poetry Slams op Platt“. Die Resonanz ist fantastisch. Im vergangenen Jahr hat eine NDR 1 Welle Nord Reporterin für die Reihe „Paul, Emma und Rebekka leert Platt“ ein Jahr lang am Plattdeutsch-Unterricht einer ersten Klasse aus Norderbrarup teilgenommen. Zu den traditionellen Formaten zählen „Hör mal´n beten to“ – unsere täglichen Alltagsgeschichten oder der seit mehr als 30 Jahren beliebte Erzählwettbewerb „Vertell doch mal“. Montags, in unserer Sendung „von Binnenland und Waterkant op Platt“ senden wir plattdeutsche Reportagen, z. B. über kulturelle oder gesellschaftliche Events. Die Bandbreite ist groß. Alle Sendungen im Überblick findet man auf www.ndr.de/plattdeutsch. Warum wir plattdeutsche Formate in diesem Umfang senden? Weil Plattdeutsch ein ganz wesentlicher Teil der schleswig-holsteinischen Identität und Kultur ist.
Lange wurden Dialekte und Mundart vor allem als Stereotype für Comedy genutzt. Warum werden stark Dialekt sprechende Figuren heute wieder ernster genommen?
Sorry, Plattdeutsch ist weder ein Dialekt noch eine Mundart! Es ist eine eigenständige Sprache! Und in Schleswig-Holstein gehört sie zum Alltag, glücklicherweise begegnet sie den Menschen überall und häufig. Auch wenn natürlich humorvolle Radiobeiträge besonders beliebt sind, gibt es auch eine Reihe von Beiträgen und Sendungen, die sich mit ernsteren Themen befassen. Sogar der Kirchenfunk bringt seine Rubrik "Gesegneten Abend" einmal in der Woche "op Platt". Hörfunk und Fernsehen im NDR Landesfunkhaus Schleswig-Holstein stellen es übrigens ihren Interviewpartnern frei, in welcher Sprache sie auf unsere Fragen antworten. Und nicht selten geschieht dies in plattdeutscher Sprache. So ist die Sprache auch "en passant" im Regelprogramm präsent.
Einzelne Dialekte und Mundarten sind für Auswärtige kaum zu verstehen. Wie stark darf ein Dialekt/Mundart gesprochen werden?
Wir senden ja in erster Linie für Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Und die geben mehrheitlich an, Platt zwar nicht oder nur wenig sprechen zu können, aber es gut zu verstehen. Insoweit gibt es damit für uns kein Problem.
Im Zuge der Digitalisierung sind alle Programme weltweit über das Internet zu empfangen – andererseits werden die Inhalte immer vielfältiger. Wie sehen Sie die Zukunft von Dialekt und Mundart im Programm?
Solange genügend Menschen plattdeutsche Sendungen und Beiträge hören wollen, sehe ich positiv in die Zukunft. Insbesondere die Möglichkeit der zeitsouveränen Nutzung unserer Angebote ist eine große Chance. Niemand muss auf Sendetermine warten oder darauf hoffen, zufällig auf Plattdeutsches zu stoßen, im Internet kann man fast unser gesamtes Platt-Archiv nutzen. Und das "Niederdeutsche Hörspiel" ist für die Community, insbesondere bei jüngeren Platt-Snackern ein Podcast-Hit.