Zur Überwachung von Körperfunktionen kommen zunehmend sogenannte Insideabels zum Einsatz. Welche Chancen sehen Sie in dieser Technologie?
Ein hoch dynamisches Feld, das zwar heute unsere Vorstellungskraft vielfach an Grenzen führt, aus Sicht der wissenschaftlichen Zukunftsforschung aber hohes Potenzial bietet. Wollen Sie ein EKG einmal alle fünf Jahre oder möchten Sie, dass Ihr Arzt auf eine konstante Analyse zugreifen kann? Gerade im Bereich der Ernährung sehen wir, wie vielfältige Technologien sehr gezielt Kundenerwartungen wecken und bedienen. Wer wollte wirklich noch einzeln die Kalorien seiner Mahlzeiten in eine App eingeben, wenn das Scannen meiner Mahlzeiten automatisch und mit künstlicher Intelligenz erfolgen kann? Aus unserer Sicht sind Insideables eines der Elemente, die den Menschen gerade durch den Einsatz von Technologie und digitaler Technik zum besseren menschlichen Organismus machen, eben gerade menschlicher machen.
Durch die Insideables fallen viele Daten an – wer sollte in welchem Umfang Zugriff auf diese erhalten?
Die Frage der Daten ist immer wieder eine Frage des Vertrauens und eine Frage des Nutzens. Erhalten wir die besseren Navigationshinweise, sind wir in der Regel sofort bereit, Standort und Bewegungsdaten zu teilen. Hier leuchtet der Nutzen unmittelbar ein. Für die Gesundheitsbranche liegt hier eine der entscheidenden Veränderungen der kommenden Jahre, wenn Gesundheitsdaten nicht mehr in den Mappen beim Arzt oder den Rechenzentren von Kliniken und Krankenkassen liegen, sondern Patienten immer stärker selbst über ihre Daten verfügen, sie selbst interpretieren und den Zugriff organisieren. Wer wann wie, das entscheiden wir selbst, spätestens wenn wir unsere Gesundheitsdaten auf der Blockchain verwalten. Selbstverständlich werden wir Anbietern Zugriff auf diese Daten geben, um unseren Gesundheitszustand immer wieder ein Stück verbessern zu können. Die Frage ist nur, für wen wir uns entscheiden: Den Mann im weißen Kittel oder das digitale Angebot?
Insideables lassen sich nicht nur als Messinstrument nutzen, sondern auch um Körperfunktionen wie etwa die Sensorik zu verbessern. Welche Chancen sehen Sie darin und wo sollten die Grenzen gezogen werden?
Dies ist die eigentliche Pointe von Insideables: Weniger die Überwachung von Funktionen, als vielmehr deren Erweiterung. Möchten Sie eine Linse im Auge haben, mit der Sie mehr sehen? Und wenn Sie das persönlich nicht möchten, gehen Sie dann noch in geschäftliche Verhandlungen, in denen Ihr Gegenüber sich jederzeit Informationen einblenden lassen kann? Ob er online Informationen erhalten kann oder in Echtzeit Ihre Emotionen scannt - Ihr gegenüber wird besser sein. Dasselbe mit Ohren, letztlich mit Organen der unterschiedlichsten Arten. Ein zweites, leistungsfähigeres Herz, gedruckt aus Ihren eigenen Stammzellen, mag manchen auf ersten Blick verschrecken. Den meisten Diabetikern müssen Sie eine "Insulinsteuerung inside“ hingegen nicht lange anbieten.
Digitale Systeme sind häufig auch anfällig für Angriffe von außen – wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, die von Hackerangriffen auf Insideables ausgehen können?
Natürlich: Alles, was digital ist, kann auch gehackt werden. Das gilt heute schon für jedes neue Auto, für jede Maschine, jeden vernetzten Rauchmelder. Und wer eine Smart Watch am Handgelenk hacken kann, wird es auch mit den Insideables der Zukunft können. Es könnte morgen allerdings auch regnen. Selbstverständlich werden wir angemessene Sicherheitsstandards benötigen und auch entwickeln - und nie 100% erreichen. Das wird diese Entwicklung allerdings weder bremsen noch aufhalten.