Thüringen hat sich bei der Umstrukturierung des MDR benachteiligt gefühlt. Nun soll ein Zentrum für Medienkompetenz im Freistaat errichtet werden. Ist das eine hinreichende Ansiedlung?
Das Medienkompetenzzentrum kann eine gute Chance sein, die geschaffene Ungleichverteilung zu entschärfen. Das hängt aber maßgeblich von der Ausgestaltung des neuen Zentrums ab. Um Thüringen gleichberechtigt zu unterstützen, ist es wichtig, eine fundierte thematische Ausgestaltung zu erarbeiten. Dafür muss ein Konzept für Medienkompetenz erstellt werden. Der Begriff ‚Medienkompetenz‘ ist nicht einheitlich definiert. Diesen Begriff auszugestalten und mit Inhalt zu untermauern, wird eine maßgebliche Erfolgsbedingung sein.
Das Zentrum für Medienkompetenz soll forschen, aber auch über eine eigene trimedial arbeitende Redaktion verfügen. Was erwarten Sie von so einem Zentrum?
Medienkompetenz kann auf unterschiedlichen Ebenen verortet werden. Ganz konkret heißt das zum einen Kinderfernsehen und Kinderradio, also Rundfunkprogramme, die von und für Jugendliche gemacht werden. Dabei sollen Kinder und Jugendliche sowohl bei der konzeptionellen Entwicklung, der Umsetzung und Ausgestaltung beteiligt sein. Des Weiteren heißt Medienkompetenz auch Methoden zu erforschen und zu erproben, mit denen Handlungsfähigkeit im Bereich Medien vermittelt werden kann. Dabei stehen Jugendliche und Kinder als Endkonsumenten genauso im Fokus wie Pädagogen und Eltern. Ein Medienkompetenzzentrum muss also auch die Erwachsenenbildung und Multiplikatorenschulungen abdecken. Eine solche breite, aber zugleich konkretisierte Definition des Begriffs Medienkompetenz würde eine tragfähige Basis bilden.
Thüringen hat den Kika, einen Tatort und weitere überregionale Produktionen. Was wäre im Sinne der Gerechtigkeit unter den mitteldeutschen Ländern außerdem angemessen?
Der Standort Thüringen wurde in den letzten Jahren vernachlässigt und ist bei der Ausgestaltung nicht in gleichem Maße berücksichtigt worden, wie die anderen beiden Länderstandorte. Der Verweis auf den KIKA ist wenig sinnvoll, da es sich beim KIKA um eine Einrichtung des ZDF handelt. Dies hat keinen Einfluss auf die Strukturierung des MDR. Die Auswirkungen der MDR-Schwerpunktsetzung, besonders hinsichtlich der entwickelten, ungleichmäßigen Verteilung der Ressourcen und der personellen Ausgestaltung, macht ein Eingreifen notwendig. Dieses Ungleichgewicht muss in der nächsten Zeit und im Zuge des trimedialen Umbaus des MDR ausgeglichen werden. Besonders bei der Vergabe neuer Themengebiete müssen die personellen wie technischen Ressourcen geschaffen werden, diese Chance gewinnbringend umzusetzen.“
Politiker in Thüringen haben öffentlich überlegt, ob der Freistaat nach Auslaufen des Rundfunkstaatsvertrages dem Hessischen Rundfunk beitreten soll. Wäre das eine Option?
Die Diskussion um einen Aus- und Übertritt zum Hessischen Rundfunk wurde in Thüringen zu keiner Zeit diskutiert. Die medienpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der demokratischen Parteien in Thüringen haben sich dazu klar geäußert. Wir stellen die Dreiländeranstalt nicht generell in Frage, sondern sehen konkrete Handlungspunkte, die angegangen werden müssen. Der Staatsvertrag ist in der jetzigen Form nicht mehr tragfähig. Dies zeigt sich auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Staatsferne des ZDF. Wir wünschen uns einen staatsfernen, unabhängigen, modernen und vielfältigen Rundfunk. Um dies zu erreichen, benötigen wir eine Umsetzung der Frauenquote, der Digitalisierung, eines wirksamen Jugendmedienschutzes, der Staatsferne sowie die Diversität der Rundfunkgremien und, die inhaltliche Ausgestaltung des Themenschwerpunktes ‚Medienkompetenz‘, welche die Förderung des Standortes Thüringen als wesentlichen Faktor ins Auge fasst. Thüringen muss dabei in gleichem bzw. vergleichbarem Maße eingebunden werden.“