Meinungsbarometer: Herr Richter, Sie schlagen eine Informationskampagne zum Neustart von Digital Radio vor, die mit allen Marktbeteiligten koordiniert wird. Wann geht es damit los?
Michael Richter: Im Dezember vergangenen Jahres haben alle beteiligten Partner ihre ganze Kraft dafür aufgewendet, die Belegung des bundesweiten Digital Radio-Multiplex auf den Weg zu bringen. Die Geburtswehen waren so stark, dass noch niemand für die Hörer die Geburtsanzeige geschrieben hat. Wir dürfen es also jetzt nicht verpassen, eine Kommunikationsstrategie für den Neustart zu entwerfen. Tatsächlich haben viele der beteiligten Institutionen bereits angekündigt, den Digital Radio-Neustart mit Marketingmaßnahmen zu begleiten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dass sich alle Beteiligten – private und öffentlich-rechtliche Programmveranstalter, Geräte- und Automobilindustrie, Sendernetzbetreiber und Landesmedienanstalten – auf geeignete Kommunikationsmaßnahmen verständigen. Die Mitglieder unseres Vereins haben auch in der Zeit, in der es keine Entscheidung zum Fortgang von Digital Radio gab, zur DAB-Systemfamilie gestanden. Daher wollen wir in den kommenden Wochen und Monaten eine intelligente und nachhaltige Marken- und Kommunikationskampagne in Deutschland anregen, organisieren und die Maßnahmen miteinander verzahnen.
Ist das Marketing nicht Aufgabe des bundesweiten Konsortiums, der Digital Radio Deutschland GmbH i.G., und wollen Sie dieser Konkurrenz machen?
In gar keiner Weise. Im Gegenteil. Wir brauchen ein solches Konsortium aus bundesweiten Programmanbietern. Die Veranstalter werden für ihre Programme und den für sie neuen Verbreitungsweg DAB/DABplus ganz klar werben müssen. Sie werden gemeinsam mit Partnern aus Handel und Industrie kooperieren und ich freue mich auf gute On- und Off-Air-Promotion-Aktionen. Doch dazu braucht die GmbH auch verlässliche Partner, die programmneutral agieren. Es braucht jemanden, der erklärt, warum DABplus jetzt besser ist als das „alte DAB“, der herstellerunabhängig über die neuen Geräte informiert, der verlässlicher Ansprechpartner für den Handel ist und der im Blick hat, wann und wo das bundesweite Netz startet und wann und wo die landesweiten Digital Radio-Netze mit welchen Programmen in den Regionen On Air gehen. Wir sind diese Plattform und werden weiterhin zentrale Anlaufstelle sein, die deutschlandweit Aufklärungs- und Informationsarbeit zum digitalen Hörfunk-Übertragungsweg betreibt.
Dieser Kommunikations-Ansatz erinnert an die Informationskampagne von DVB-T.
Ja, hier bietet die DVB-T-Einführung in Deutschland (2003 bis 2008) die praxiserprobte Vorlage. Damals einigten sich alle Beteiligten auf eine klare und gemeinsame Kommunikationsstrategie. Dieser Schulterschluss muss auch beim Digital Radio-Neustart gelingen. Charakteristisch für die DVB-T- Einführung war auch, dass die bundesweite Kampagne zentral konzipiert und dann auf die einzelnen Regionen herunter gebrochen wurde. Die in den Bundesländern ansässigen TV-Veranstalter unterstützten dieses Szenario mit Werbung zum Verbreitungsweg in ihren eigenen Programmen. So sollte es beim Digital Radio-Neustart auch sein: die bundesweit und regional agierenden Radioveranstalter müssen es schaffen ihre Hörer zu animieren, sich zukunftsfähige Digitalradios zu kaufen.
Ist die Abwrackprämie, die der Digital Radio Mitteldeutschland e. V. im Frühjahr 2010 in Leipzig erprobt hat, eine Vorlage?
Die Abwrackprämie könnte eine Maßnahme aus einem großen Maßnahmenbündel sein. Bei der Aktion hatten Besucher eines Fachkongresses die Möglichkeit, ihre alten UKW-Geräte von zu Hause mitzubringen und in neue digitale Geräte umzutauschen. Über den Erfolg der Aktion waren sogar wir damals überrascht. Jeder 10. Fachkongress-Besucher brachte ein altes UKW-Gerät von zu Hause mit. Es spricht nichts dagegen, dass die Aktion in weiteren Regionen wiederholt wird und von den Programmanbietern weiterentwickelt wird. Aber damit so eine Aktion sinnvoll angegangen und kommuniziert wird, braucht es eine abgestimmte Kampagne.