Auf dem Automotive-Tagung des Digitalradio-Weltverbandes WorldDAB in München wurde gefordert, DAB+ in jedes Auto serienmäßig einzubauen. Unterstützen Sie diese Forderung für Deutschland? Oder sollten gleich hybride Digital-Technologien bevorzugt werden?
Ich finde diese Forderung DAB+ standardmäßig in Fahrzeuge einzubauen nicht angebracht. Wenn der Autokäufer von DAB+ weiß und die Vorteile erkennt, dann wird er danach beim Kauf des Kfz fragen. Aktuell ist die Geschwindigkeit neuer Entwicklungen groß und das wird auch an der Rundfunkindustrie nicht vorbei gehen, es wird also weitere Möglichkeiten Radioinhalte zu genießen. Der Hörer wird sich das suchen was er hören will, egal wie das übertragen wird. Das ist auch der Grund warum auf diesem Kongress über hybride Dienste und Anwendungsfälle gesprochen wurde. Ich denke, dass genau das der richtige Weg ist. Heute bieten beide Übertragungswege, der terrestrische Rundfunk und das mobile Internet Vorteile für den Kunden und zusätzlich werden dadurch neue Use Cases ermöglicht. Also ist ein hybrider Empfänger noch flexibler und absolut zukunftssicher, vor allem für den OEM, den der ist dann nicht mehr von der Entwicklung des Rundfunks abhängig aber eben auch nicht zu sehr von den Anbietern mobilen Internets. Ein Effekt wird dabei sehr deutlich, der Hörer wird sich die Inhalte suchen die er interessant findet, diese sind es alleine die eine Bindung erzeugen.
Woran liegt es nach Ihrer Einschätzung, dass in Deutschland erst gut 20 Prozent der Neuwagen mit DAB+ ausgerüstet werden?
Ganz klar an mangelnder Bewerbung. Hier ist aus meiner Sicht die zögerliche Haltung der Rundfunkindustrie eine Ursache. Klar wird den ein oder anderen Kunden die zusätzlichen Kosten für einen DAB+ Empfänger abhalten, aber wenn die Vorteile schon vor dem Kauf des Autos klar wären, dann wäre die Hemmschwelle sicher geringer und mit dem wachsenden Markt würden sich dann auch die Kosten nach unten entwickeln. Die OEMs haben doch in UK und Norwegen gezeigt, dass der Markt, wenn er groß genug ist, nicht mehr mit verschiedenen Varianten bedient wird.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Autohändler am Point of Sale von digitalen Radiostandards noch stärker zu überzeugen? Was kann die Politik ggf. tun?
Zum ersten Teil der Frage: Ich denke, dass Autohändler schon anfangen umzudenken und mehr und mehr Dienste und Zusatzfunktionen dem Kunden zu vermitteln versuchen. Die Bandbreite des Angebots ist aber sehr weit gefächert. Mittlerweile sind es viele Themen die ein Autohändler in der Beratung erwähnen muss. Auf der anderen Seite sind es aber vorwiegend ältere Käufer (im Durchschnitt ca. 50 Jahre alt) die Neuwagen erstehen. Und wie es scheint ist diese Klientel doch sehr konservativ wie man auch an der Akzeptanz von alternativen Antrieben erkennen kann. Bei der Kaufentscheidung spielen andere Parameter eine entscheidende Rolle, z.Bsp. die Integration und Unterstützung des Smartphones. Radio ist einfach zu nutzen und sollte daher auch einfach zu verkaufen sein. Allerdings sollte der Kunde schon wissen was sich hinter den 3 Buchstaben denn versteckt. Aus meiner Sicht ist es nicht die Aufgabe des Händlers das zu erläutern.
Zum zweiten Teil: wenn die Politik ein klares Interesse an der Existenz von terrestrischem Rundfunk hat, dann sollte sie das konkret vermitteln und entsprechende Erlasse verfassen, aber auch dahinter stehen, dass diese dann umgesetzt und gepflegt werden. Da wir unbedingt europäische Regelungen benötigen, ist die aktive Unterstützung in den entsprechenden EU Gremien von besonderer Bedeutung.
Sollte Deutschland nach Norwegen, der Schweiz und UK das vierte Land werden, dass UKW zugunsten von DAB+ abschaltet? Wann könnte dafür der richtige Zeitpunkt sein?
Für mich ist das eine Frage die im direkten Zusammenhang zur Vorherigen steht. Meine persönliche Meinung ist, dass die Bürger ein Anrecht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu objektiven Informationen und Inhalten hat. Ich sehe es als eine Pflicht der Politik diesen Zugang zu wahren aber auch modern und attraktiv zu halten. Eine verlässliche und zügige Handlungsweise wird von der Industrie aber auch von den Bürgern bestimmt begrüßt werden, insbesondere wenn gute Gründe dafür sprechen.