Herr Staatssekretär, EU-Kommissarin Reding hat den Gegenwert der Digitalen Dividende für Europa mit 70 Mrd. Euro beziffert. Welches wirtschaftliche Potenzial sehen Sie für Deutschland?
Dr. Bernd Pfaffenbach: Als „Digitale Dividende“ bezeichnen wir die Frequenzen, die nach der Digitalisierung des terrestrischen Fernsehens für neue Anwendungen zur Verfügung stehen. Mehr Programme und gute Bildqualität haben das digitale terrestrische Fernsehen zum Erfolg gemacht. Vor allem in den weniger dicht besiedelten Bereichen wollen wir Frequenzen verwenden, um Breitbandanschlüsse über Funklösungen zu ermöglichen und damit neue wirtschaftliche Potenziale zu erschließen. Zurzeit prüfen einzelne Bundesländer, wo Pilotversuche eingeführt werden können. Für uns ist darüber hinaus eine flächendeckende Breitbandversorgung ein ganz wichtiger Standortvorteil, den wir erreichen wollen. Wir haben deshalb den Entwurf einer Rechtsverordnung vorgelegt, der diesen politischen Willen umsetzt. Die Gespräche hierzu mit den Rundfunkveranstaltern verlaufen konstruktiv. Studien darüber, welche zusätzliche Wertschöpfung wir durch eine breitbandige Nutzung in Deutschland generieren könnten, liegen uns bislang nicht vor.
Die durch die Digitalisierung frei werdenden Frequenzen haben sowohl in der Rundfunk- als auch in der Mobilfunkbranche große Begehrlichkeiten aufkommen lassen, nach welchen Kriterien sollen diese zwar verfügbaren aber immer noch knappen Kapazitäten verteilt werden?
Wir schaffen den Rahmen für eine bestmögliche Nutzung. Die Einzelheiten (Frequenzvergabe, Nutzungsbedingungen) werden hinterher durch die Bundesnetzagentur festgelegt. Technische Expertengruppen arbeiten bereits an Lösungen, um Störungen zwischen den Funkdiensten zu minimieren. Uns ist es wichtig, dass es von vorneherein keinen Ausschluss bestimmter Unternehmen gibt und dass die Ressource dort eingesetzt wird, wo sie am dringendsten benötigt wird: für Breitband im ländlichen Raum. Wir werden diesbezüglich auch Gespräche mit potenziellen Interessenten führen, um hier mehr Klarheit zu bekommen, wer die Ressource dringend benötigt und sie bestmöglich verwendet.
Wie sollen die Interessen vor allem kleinerer Marktteilnehmer, wie z.B. die Nutzer von Frequenzen für drahtlose Mikrofone, berücksichtigt werden?
Es ist klar, dass wir alle Interessen sorgfältig gegeneinander abwägen müssen. Dazu gehören auch die legitimen Interessen der Nutzer drahtloser Mikrofone. Ich glaube aber, dass es möglich wird, bei gutem Willen, eine Lösung zu finden, die allen Interessen nachkommt.
Wichtig ist es, dass wir hier die Probleme klar auf den Tisch legen, dann aber an fairen Lösungen arbeiten und sich jeder rechtzeitig auf Änderungen einstellen kann. Dazu gehören zum Beispiel auch angemessene Übergangszeiträume.
Beim Hörfunk soll in den kommenden Monaten der digitale Neustart erfolgen, welche Möglichkeiten sehen Sie, die Endgerätehersteller zu mobilisieren, Ende 2009/ Anfang 2010 auch die erforderliche Anzahl an neuen Radiogeräten zur Verfügung zu stellen?
Auch im Hörfunkbereich wird die Digitalisierung mehr und mehr an Gewicht gewinnen. Das hängt auch wesentlich von attraktiven Endgeräten ab. Hier können neue Nutzungsformen wie das Internetradio zum Treiber werden. Wichtig sind natürlich auch ansprechende Programmangebote - lokal, aber auch bundesweit.