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Interview02.10.2025

Journalisten-Union fordert zweckgebundene Digitalabgabe

Wie KI im Netz reguliert werden sollte

Danica Bensmail - Bundesgeschäftsführerin, dju in ver.di Quelle: Kay Herschelmann Danica Bensmail Bundesgeschäftsführerin dju in ver.di
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Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
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"Wir brauchen eine klare politische Regulierung, die Plattformen endlich in die Verantwortung nimmt", sagt Danica Bensmail Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in der Gewerkschaft Verdi mit Blick auf zunehmenden KI-Einsatz im Netz. Sie hat auch klare Vorstellungen davon, wie diese Regulierung aussehen sollte.





Internetbrowser und Suchmaschinen setzten zunehmend KI ein, um Inhalte direkt zusammenzufassen - was bedeutet das für die Anbieter von Inhalten?
Für Nutzer*innen ist es bequem, wenn sie mit einem Klick eine fertige KI-Antwort erhalten. Für Journalist*innen, die diese Inhalte recherchiert, geprüft und aufbereitet haben, ist es dagegen ein existenzielles Problem. Wenn ihre Inhalte zwar verarbeitet aber nicht mehr direkt aufgerufen werden, bricht das bisherige Modell von Reichweite, Klicks und Werbeeinnahmen weg. Plattformen können so eigene Produkte aus journalistischen Inhalten konstruieren – ohne Vergütung und Sichtbarkeit der Urheber*innen. Das untergräbt die Grundlage unabhängiger Berichterstattung.

KI können auch Inhalte hinter Paywalls rekonstruiert werden - wie sehen Sie diesen Trend?
Paywalls sind kein Luxus, sondern ein Schutzschild für unabhängigen Journalismus. Wenn KI-Modelle Inhalte hinter Bezahlschranken auslesen und rekonstruieren, höhlt das ein zentrales Geschäftsmodell aus. An dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig eine verlässliche Regulierung tatsächlich ist.  Der Digital Services Act (DSA) und die europäische KI-Verordnung (AI Act) geben hier bereits einen Rahmen vor – nur müssen sie in der Praxis auch konsequent implementiert werden. Plattformen, die Inhalte ohne Lizenz verwenden, müssen haftbar gemacht werden. Nur so bleibt gewährleistet, dass Journalist*innen weiterhin entscheiden können, ob ihre Arbeit in KI-System eingespeist wird und sie im Zweifel dafür vergütet werden. Alles andere untergräbt die Finanzierung von Redaktionen, die verlässliche Informationen bereitstellen, und schwächt damit einen integralen Bestandteil unserer Demokratie.

Mit Werbeformen wie gesponsorten Folgefragen gehen die Angebote auch den Werbemarkt an - was kann das für Auswirkungen haben?
Wenn Werbung nicht mehr klar als solche erkennbar ist, sondern sich in KI-Antworten versteckt, droht ein massiver Transparenzverlust. Nutzer*innen können dann nicht mehr unterscheiden, ob sie unabhängige Informationen oder bezahlte Inhalte konsumieren. Für die Medienlandschaft bedeutet das: Einnahmen wandern weiter zu den Plattformen ab. Schon heute sehen wir, dass große Tech-Konzern weite Teile der Wertschöpfung abgraben. Das ist für viele Redaktionen unmittelbar existenzbedrohend. Um das Gleichgewicht wiederherzustellen, braucht es faire Regeln. Eine Plattformabgabe, die an Reichweite und Marktmacht gekoppelt ist, könnte unabhängige Inhalte gezielt fördern. Ein wichtiger Beitrag, um Vielfalt zu sichern und demokratische Öffentlichkeit zu stabilisieren. Denn, wenn die Refinanzierung redaktioneller Arbeit dauerhaft untergraben wird, droht eine Spirale, in der nur noch die Plattformen profitieren, während die Gesellschaft an Informationsvielfalt verliert.

Welche Regulierung sollte die Politik auf diesem Gebiet aus Ihrer Sicht vornehmen?
Wir brauchen eine klare politische Regulierung, die Plattformen endlich in die Verantwortung nimmt. Dazu gehören: Transparenzpflichten für Algorithmen, eine eindeutige Haftung auch für KI-generierte Inhalte, wirksame Sanktionen bei Rechtsverstößen und die Einführung einer zweckgebundenen Digitalabgabe zugunsten des Journalismus. Ebenso entscheidend ist die Vergütungspflicht. Jede Nutzung journalistischer Werke im KI-Training muss bezahlt werden – über Verwertungsgesellschaften durchsetzbar und rechtlich klar geregelt. Google, Meta oder TikTok verhalten sich längst nicht mehr wie neutrale Intermediäre, sondern wie redaktionell steuernde Medienakteure. Sie beeinflussen, welche Inhalte sichtbar werden, und damit auch den gesellschaftlichen Diskurs. In einer Demokratie darf diese Macht nicht unreguliert bleiben. Vielfalt, Unabhängigkeit und faire Bedingungen sind der Schlüssel, um digitale Öffentlichkeit lebendig zu halten. 

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