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Interview18.09.2025

Über Gefahren für die Meinungsvielfalt und -freiheit im Internet

Wie KI die Medien unter Druck setzt

Dr. Matthias Försterling LL.M. - Senior Legal Counsel, VAUNET Verband Privater Medien e.V. Quelle: VAUNET Dr. Matthias Försterling Senior Legal Counsel VAUNET Verband Privater Medien e.V.
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Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
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Durch KI sieht Dr. Matthias Försterling vom Verband VAUNET eine "Neuausrichtung der Art und Weise, wie Inhalte im Internet gesucht und gefunden werden". Von der Politik fordert er, für die Medienunternehmen ein echtes "Level-Playing-Field" - also faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen - im Verhältnis zu den großen Gatekeeper- Plattformen zu schaffen. Von der Politik auf Landes,- Bundes-, und EU-Ebene fordert er, sich für einen gleichberechtigten Zugang für die Werbemärkte einzuetzen.  





Internetbrowser und Suchmaschinen setzten zunehmend KI ein, um Inhalte direkt zusammenzufassen - was bedeutet das für die Anbieter von Inhalten? 
Dies hängt entscheidend vom konkreten KI-Einsatz im Browser bzw. in der Suchmaschine und auch von der Gestaltung der KI-Zusammenfassungen ab. Im Kern stehen wir aber vor einer fundamentalen Neuausrichtung der Art und Weise, wie Inhalte im Internet gesucht und gefunden werden. Nutzer:innen erhalten Antworten durch KI-Zusammenfassungen direkt auf den Plattformen, während die eigentlichen Quellen gar nicht oder nur verkürzt sichtbar gemacht werden. Die KI-Zusammenfassungen werden so zum Konkurrenzangebot für Medienangebote und versperren mit der Anzeige der vermeintlich einzig richtigen Antwort den Weg ins freie Internet. Das Refinanzierungsmodell journalistischer und werbebasierter Medien, die als Gegenstück zu Des- und Misinformation für fundierte und verlässliche Berichterstattung sorgen, wird hierdurch in Frage gestellt. Das Beispiel der AI-Overviews von Google zeigt dies deutlich: Studien zur Folge bricht der durch die Google-Suche auf Webseiten vermittelte Traffic durch die Einblendung der Overviews derzeit massiv ein; nicht nur verbunden mit drohenden Einbußen für die Refinanzierung der Medienhäuser, sondern auch für die Meinungsvielfalt und -freiheit im Internet.

Mittels KI können auch Inhalte hinter Paywalls rekonstruiert werden - wie sehen Sie diesen Trend? 
Dies wird man sehr genau im Auge behalten müssen. Analysen geben Grund zur Besorgnis. So scheinen KI-Anbieter in der Lage, Medieninhalte hinter Pay-Walls zu rekonstruieren. Genutzt wird hierzu bspw. Sekundärberichterstattung, Zitate oder auf Basis der Pay-Wall Inhalte erfolgte Diskussionen in sozialen Netzwerken. Unabhängig von der Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Rekonstruierung setzt dies Medienanbieter weiter unter Druck, da das zweite Standbein des Geschäftsmodelles – der Verkauf von Abonnements- torpediert wird. Darüber hinaus müssen wir die Grundfrage klären, wie Medienanbieter ihre Inhalte technisch effektiv vor der unautorisierten Auswertung durch KI-Anbieter schützen können. Bereits vorhandene Lösung erweisen sich in der Praxis nicht immer als ausreichend. Beim bereits angeführten Google AIO ist ein Opt-Out außerdem zugleich mit Nachteilen verbunden, da sich der Opt-Out nicht nur auf die KI-Übersichten, sondern auch auf die SERP bezieht - ein Dilemma. Die Diskussion zeigt dabei eines deutlich: Wie wichtig es ist, dass KI-Anbieter Transparenz darüber verschaffen müssen, welche Daten sie der KI zu Grunde legen, damit Rechteinhaber ihre Rechte effektiv wahrnehmen können. 

Mit Werbeformen wie gesponsorten Folgefrage gehen die Angebote auch den Werbemarkt an - was kann das für Auswirkungen haben? 
Hier gilt es zunächst abzuwarten, welche Werbestrategie die einzelnen KI-Unternehmen konkret einschlagen werden. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit Blick in die USA liegt es aber nahe, dass die rund um die KI-Zusammenfassungen entstehenden Inventare zu Werbezwecken genutzt werden. Hier besteht die konkrete Gefahr, dass sich das ohnehin bestehende Ungleichgewicht zwischen Big-Tech-Unternehmen und Inhalteanbieter im digitalen Werbemarkt und die bestehende Asymmetrie beim für die Werbeausspielung wichtigen Zugang zu Daten noch verschärfen wird. Es gilt hier zu gewährleisten, dass Inhalteanbieter eine hinreichende Gegenleistung dafür erhalten, wenn KI-Anbieter letztlich ihr Konkurrenzprodukt auf dem Rücken der Inhalte Dritter monetarisieren.  

Welche Regulierung sollte die Politik auf diesem Gebiet aus Ihrer Sicht vornehmen? 
Zum einen muss die Politik dafür sorgen, dass sich private Medien hinreichend refinanzieren können, indem ihnen Spielraum für ihre unternehmerische Tätigkeit gelassen und so ein echtes Level-Playing-Field im Verhältnis zu den Gatekeeper- Plattformen geschaffen wird. Maßgeblich hierfür ist die Sicherstellung ihrer Auffindbarkeit auf den Plattformen. Zugleich sollte sich die Politik sowohl auf Landes-, Bundes- als auch EU-Ebene für einen gleichberechtigten Zugang zu den Werbemärkten einsetzen. Zum anderen bedarf es der konsequenten Durchsetzung und Weiterentwicklung bereits vorhandener Regulierungsvorgaben. Vorschriften wie der Digital Markets Act, der Digital Services Act oder die Plattform- und Medienintermediärsregulierung des Medienstaatsvertrags setzen den KI-Unternehmen bereits heute Grenzen; auch zum Schutz der Meinungs-, Anbieter- und Angebotsvielfalt und der journalistisch-redaktionellen Medienanbieter. Hier sind also auch die Regulierungsbehörden gefordert, die Einhaltung dieser Grenzen faktisch sicherzustellen.

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