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In vielen KMU beginnt digitales Lernen erst

Wo die Vorteile von Serious Games liegen - und wo sie ihre Grenzen haben

Dr. Dorothea Trapp, Erweiterter Vorstand, Berufsverband für Online-Bildung e.V. (bvob) Quelle: Thorsten Holm Dr. Dorothea Trapp Erweiterter Vorstand Berufsverband für Online-Bildung 05.03.2019
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Jede Form des Lernens hat ihre Berechtigung", weiß Dr. Dorothea Trapp vom Berufsverband für Online-Bildung e.V. Die Expertin entwirft und textet didaktische Konzepte für digitale Lernanwendungen. Für sie gibt es eine Reihe von Felder, in denen digitale Konzepte klare Vorteile haben.







Nach einer aktuellen Befragung hat die Hälfte der Personalverantwortlichen bereits sogenannte Serious Games eingesetzt, um sich oder Mitarbeiter fortzubilden. Wie bewerten Sie diese Zahl?
Es wäre interessant zu wissen, was die einzelnen Befragten unter Serious Games verstehen. Für Computer- oder Videospiele, bei dem der Lerner am PC sitzt und Levels erklimmt, kommt mir die Zahl sehr hoch vor. Wenn man an Virtual- oder Augmented-Reality-Lösungen denkt, klingt das ebenfalls hoch gegriffen, im Moment jedenfalls. Bei Quiz- oder ähnlichen Formaten in einer App für das Smartphone oder Tablet kann ich mir das vorstellen, genauso wie bei web-based Trainings, welche einen spielerischen Charakter haben, was eher game-based Learning oder Gamification ist. Es wäre auch interessant zu wissen, wie groß die Unternehmen sind, die mit Serious Games Erfahrung haben, denn professionell aufgemachte Serious Games im engeren Sinn sind entsprechend kostspielig. Davon abgesehen nehme ich persönlich wahr, dass in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen digitales Lernen gerade erst beginnt.

Sprachen, Fachwissen, Konfliktfähigkeit - die Anwendungsbereiche sind vielfältig. Was können Serious Games besser als klassischer Unterricht?
Sprachen und alle Themen, in denen Soft Skills wie etwa Konfliktfähigkeit in Rollen geübt werden, halte ich für Serious Games sehr gut geeignet. Vorausgesetzt die Zielgruppe ist einigermaßen technik- und spieleaffin und die didaktische Konzeption stimmt.

Aus eigener Erfahrung im Unterrichten in einer virtuellen Welt kann ich sagen, dass Lernende dadurch, dass sie als Avatar präsent waren, sich mehr trauten, z. B. in einer fremden Sprache zu sprechen oder in eine Rolle zu schlüpfen.

Ein Serious Game kann auch Azubis, welche die Vielfalt an Szenarien in ihrer Arbeitswelt noch nicht aus Erfahrung kennen, gut abholen und den Arbeitskontext erfahrbarer machen, als wenn sie nur mit Text, Bild (digital oder auf Papier) und Erklärungen durch einen Ausbilder oder Lehrer lernen. Ich denke da an die Fehlerbehebung an einer Maschine oder das Einüben von Abläufen. Serious Games kommen haptisch veranlagten Lernenden entgegen, die etwas mit den Händen tun wollen, um das Erlernte ins Langzeitgedächtnis zu überführen.

Manche Menschen wünschen sich jedoch den persönlichen Kontakt, den das Spiel, genau wie andere digitale Angebote auch, nicht ersetzen kann. Unter Umständen spielt einem auch die Technik einen Streich, was sehr demotivierend sein kann. Und man darf nicht unterschätzen: die Beschäftigten müssen auch lernen, selbstgesteuert zu lernen und Lernzeit einzuplanen. 

Lern-Spaß ist bei den Personalern der wichtigste Grund für Serious Games. Inwieweit sind die so gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten Ihrer Einschätzung nach ähnlich nachhaltig wie bei klassischen Lernmethoden?
Ich würde das nicht gegeneinander ausspielen. Jede Form des Lernens hat ihre Berechtigung, zum Beispiel, weil sie eine bestimmte Zielgruppe anspricht. Stellen Sie sich nur einmal den sehr beschäftigten und lerngewohnten Chefarzt vor, der in einem Spiel etwas lernen soll, das er auch auf zwei Seiten Papier schnell verstanden hat.

Dagegen kann, wie oben schon angedeutet, ein Serious Game für Azubis Handlungen und Abläufe vermitteln, die so besser begreiflich werden. Oder sie lernen freiwillig "langweilige" Fakten, während sie sich mit diesem Wissen in einem Quiz duellieren. Je besser man den Nerv der Zielgruppe trifft, und je wichtiger das Thema im Moment für sie ist, umso nachhaltiger wird die Zielgruppe lernen - mit oder ohne Spaß.

Als wichtiger Vorteil beim Lernen mit Serious Games gilt die Orts- und Zeitungebundenheit. Werden Serious Games immer mobiler?
Wenn die Form des mobilen Lernens einmal in einem Unternehmen akzeptiert und eingeführt ist, dann glaube ich schon, dass Serious Games, aber auch andere Lernanwendungen für mobile Endgeräten zunehmen werden. Teilweise werden sie einfach bestehende digitale oder klassische Lernangebote ergänzen, manche ersetzen.

Ich beobachte, dass Unternehmen zunehmend Lerneinheiten auf mobilen Geräten verfügbar machen. Das hat noch einen ganz anderen Effekt: Damit geben sie ihren Beschäftigten im Außendienst wie Service-Technikern und Monteuren erst die Möglichkeit, unkompliziert an den digitalen Lernangeboten ihrer Firmen teilzunehmen.

Darüber hinaus kann ein mobiles Serious Game auch ein attraktives Angebot für Service- und Geschäftspartner oder Kunden sein und die Kundenbindung erhöhen.

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