Kollaborative Roboter kurz auch „Cobots“ gehen Menschen bei der Arbeit direkt zur Hand – eine Erleichterung für Menschen oder langfristig eine Gefahr für ihre Jobs?
Für uns gilt der Grundsatz: Digitalisierung und technische Entwicklung müssen den Menschen dienen. Roboter können die menschliche Arbeit unterstützten, sie einfacher und weniger gefährlich machen. Bei kollaborativen Robotern, welche in der Produktion direkt mit Menschen interagieren, müssen die Arbeitsschritte sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. «Cobots» sollen in erster Linie eine Assistenzfunktion haben und die menschliche Tätigkeit unterstützen. Eine Produktion ohne menschliche Intelligenz und das Know-How der Arbeitenden ist nicht denkbar. Arbeitsmodelle, die darauf abzielen, menschliche Tätigkeiten und Eingriffe komplett zu ersetzen oder nur noch Restfunktionen von Menschen ausführen zu lassen, werden sich nicht durchsetzen. Menschliche Arbeit spielt auch in hochtechnisierten Prozessen mit «Cobots» eine wichtige Rolle. Werden sie intelligent eingesetzt, können kollaborative Roboter auch dazu dienen, die Gestaltungsspielräume der Beschäftigten zu erweitern.
„Cobots“ arbeiten im Gegensatz zu herkömmlichen Industrierobotern regelmäßig in unmittelbarer Nähe von Menschen. Welche besonderen Sicherheitserfordernisse sehen Sie dadurch?
Die herkömmlichen Industrieroboter dürfen aus Sicherheitsgründen nur in klar abgegrenzten Bereichen arbeiten, zu denen Menschen normalerweise keinen Zugang haben. Bei den neuen kollaborativen Robotern müssen, wie bei anderen neuen Maschinen auch, die möglichen Gefährdungen für die arbeitenden Menschen systematisch erhoben und die Risiken bewertet werden, bevor die neuen Roboter zum Einsatz kommen. Werden in einer Werkhalle «Cobots» installiert, so müssen auf jeden Fall flankierende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Die Sicherheit und Gesundheit der arbeitenden Menschen haben dabei oberste Priorität. Dazu gehört auch, dass die Arbeitsplätze ergonomisch entsprechend ausgestaltet und die Beschäftigten sorgfältig geschult werden. Die neuen Risiken durch die direkte Zusammenarbeit von Mensch und Roboter müssen auch in der Unfallprävention beachtet werden und in entsprechende Normen einfliessen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat dazu bereits Weisungen erlassen; die schweizerische Unfallversicherung SUVA muss da nachziehen.
„Cobots“ verfügen oft über umfangreiche Sensorik. Wie lässt sich die Total-Überwachung am Arbeitsplatz verhindern?
Aus Sicht der Beschäftigten stellt sich die Frage, welche Daten gespeichert werden, wer darüber verfügen darf, wer sie nutzt und zu welchen Zwecken dies geschieht. Die Arbeitgeber müssen den Beschäftigten mitteilen, welche personenbezogenen Daten gesammelt und wie diese genutzt werden. Ebenso muss garantiert werden, dass die Daten nach einer bestimmten Zeit gelöscht und nicht an externe Stellen weitergegeben werden. Die Arbeitenden und die Gewerkschaft sollen ein Recht auf Einsicht, Korrekturen und Löschung personenbezogener Daten haben, die im Rahmen der Arbeit erfasst werden.
Sehen Sie gesetzlichen Regulierungsbedarf in Hinblick auf „Cobots“?
Bei der Gestaltung der Arbeitsprozesse und Einführung von neuen Technologien sollen die Beschäftigten mitentscheiden können. Die Schweiz hinkt bezüglich Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmenden im internationalen Vergleich hinterher. Hier besteht Handlungsbedarf, wobei die Mitbestimmung im Rahmen des Gesetzes oder in Gesamtarbeitsverträgen (Tarifverträgen) reguliert werden kann. Wichtig ist auch, wie oben erwähnt, dass die zuständigen Stellen Regelungen zum Gesundheitsschutz erarbeiten und durchsetzen. Für «Cobots» gilt dasselbe wie für den gesamten Digitalisierungsprozess: Technologische Neuerungen sollen die Menschen nicht verdrängen, sondern das Leben und die Arbeit der Leute einfacher und angenehmer machen. Die Gewerkschaft Unia schlägt vor diesem Hintergrund eine Reihe «digitaler Grundrechte» der Arbeitnehmenden vor. Dazu gehört neben der Mitbestimmung etwa ein Recht auf Weiterbildung und Umschulung, wenn sich Branchen und Berufsprofile durch die Digitalisierung verändern. Aber auch ein klar umrissenes Recht auf Nicht-Erreichbarkeit in der Freizeit und eine angemessene Beteiligung der Beschäftigten an digitalen Produktivitätsfortschritten müssen angestrebt werden.