Eine Reihe von Firmen haben Mitarbeiter zumindest zum Teil aus dem Homeoffice wieder zurück ins Büro geholt - was ist aus Ihrer Sicht das richtige Maß bei Anwesenheit vs. Mobile Arbeiten?
Das richtige Maß kann jedes Unternehmen nur für sich selbst finden. Entscheidend ist, dass die gewählte Lösung zu den jeweiligen Arbeitsprozessen, Teamstrukturen und den Bedürfnissen der Beschäftigten passt. Sinnvoll ist es, die Mitarbeitenden aktiv einzubeziehen – etwa über eine anonyme Befragung. So lässt sich herausfinden, welche Arbeitsform als produktiv, motivierend und praktikabel erlebt wird.
Homeoffice sollte dort, wo es grundsätzlich möglich ist, auch beibehalten werden – insbesondere dann, wenn es von den Beschäftigten gewünscht wird. Gerade seit der Pandemie ist mobiles Arbeiten zu einem wichtigen Faktor für die Work-Life-Balance geworden, vor allem für Eltern oder Beschäftigte mit familiären Verpflichtungen. Pauschal alle zurück ins Büro zu holen, kann daher keine nachhaltige Lösung sein. Es kommt vielmehr auf die richtige Balance an, die jedes Unternehmen individuell finden muss.
Ein praktikabler Weg kann darin bestehen, feste Präsenztage oder auch Höchstgrenzen für Homeoffice im Monat oder Quartal festzulegen. So bleibt einerseits die notwendige Flexibilität erhalten, andererseits wird eine gewisse Präsenz im Büro gewährleistet. Wichtig ist, dass die Regelungen klar kommuniziert und von beiden Seiten mitgetragen werden – nur dann kann hybrides Arbeiten dauerhaft funktionieren.
Welche besonderen Anforderungen stellen Hybride Modelle an Führungskräfte und Mitarbeitende?
Hybride Modelle verlangen ein hohes Maß an Vertrauen – von Führungskräften wie von Mitarbeitenden. Führung auf Distanz bedeutet, Ergebnisse und Eigeninitiative stärker in den Fokus zu rücken, statt Präsenz und Kontrolle. Gleichzeitig müssen Beschäftigte eigenverantwortlicher handeln und ihre Arbeit transparent gestalten.
Das bringt auch organisatorische Herausforderungen mit sich. Kommunikation, Aufgabenverteilung und Erreichbarkeit müssen bewusster abgestimmt werden. Führungskräfte sind gefordert, eine Kultur der Offenheit zu fördern, in der sich auch Mitarbeitende im Homeoffice gleichberechtigt eingebunden fühlen.
Besonders wichtig ist es, regelmäßige persönliche Begegnungen zu schaffen – ob in Teammeetings oder bei gemeinsamen Projekttagen. Nur so bleibt der soziale Zusammenhalt erhalten, der für funktionierende hybride Zusammenarbeit entscheidend ist.
Welche Rolle kann die Möglichkeit Mobiler Arbeit beim Recruiting spielen?
Die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, ist längst zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor im Recruiting geworden. Viele Fachkräfte, insbesondere jüngere, erwarten Flexibilität als Standard. Mobiles Arbeiten erleichtert zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – ein Aspekt, der für die Arbeitgeberattraktivität zentral ist.
Gerade im Mittelstand kann mobiles Arbeiten helfen, Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Unternehmen können so ihren Suchradius erweitern und Talente auch außerhalb des eigenen Standorts ansprechen. Flexible Arbeitsmodelle sind damit nicht nur ein Benefit, sondern auch ein strategischer Faktor, um im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende bestehen zu können.
Welchen rechtlichen Regelungsbedarf sehen Sie auf diesem Feld?
Aus Sicht des DMB besteht kein Bedarf für ein gesetzlich verankertes Recht auf mobiles Arbeiten. Starre gesetzliche Vorgaben würden den unterschiedlichen betrieblichen Realitäten nicht gerecht und die unternehmerische Flexibilität einschränken.
Wichtiger ist, dass Unternehmen und Beschäftigte auf Basis von Vertrauen und gegenseitiger Absprache eigenständig Lösungen finden können. Die Betriebe wissen selbst am besten, welche Formen des mobilen Arbeitens zu ihren Abläufen passen. Aufgabe der Politik sollte es vielmehr sein, bestehende Hürden abzubauen – etwa bei Fragen der Arbeitszeiterfassung oder der technischen Infrastruktur –, statt zusätzliche Pflichten zu schaffen.

