Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm regt ein europäisches (Video-)Netzwerk als Alternative zu den amerikanischen Platzhirschen an. Wie finden Sie den Vorstoß?
Grundsätzlich finde ich alle Vorstöße für europäische Film/Serien/Streaming-Netzwerke sehr interessant und sie wurden letztlich in verschiedenen Zusammenhängen schon geäußert. Die Kommissarin Gabriel sprach davon schon am Rande der Berliner Filmfestspiele im Februar und kurze Zeit darauf auch im Kulturausschuss. Trotzdem bin ich etwas skeptisch, wie es funktionieren soll, wenn ich an die unendlichen Debatten und letztlichen Einschränkung bei den Online-Weiterleitungs-Verordnung für Fernsehveranstalter denke, der sogenannten SatrCab2-VO, denke. Die europäische Filmindustrie hielt sie für den Untergang des Abendlandes – vor allem auch wegen der besseren Möglichkeiten für Mediatheken - , weil sie mit dem zersplitterten europäischen Markt wunderbar zurechtkommt und deren Geschäftsmodelle, das Geoblocking an der Spitze, damit ganz gut fahren.
An der Plattform sollen sich Öffentlich-rechtliche, Private und weitere Institutionen wie etwa Archive beteiligen – wie lassen sich die Interessen der verschiedenen Player auf einer Plattform verbinden?
Das wird sicher eine Quadratur des Kreises, wie das Beispiel der StaCab2-VO ja schon eindrucksvoll zeigte. Letztlich sollte man auf Modelle wie eine Erweiterung von ARTE oder auch mit den Serienerfahrungen der BBC ins Rennen gehen und aus dieser Perspektive die Beiträge weiterer Institutionen und der privaten Unternehmen ausdiskutieren. Und dann muss man sich unter der Hand auch einmal ehrlich fragen, ob da immer nur alles an den komplizierten europäischen Geschäftsmodellen liegt, der Vielsprachigkeit und dem entsprechenden Markt, wenn uns gute US-amerikanische Serien in eben demselben Markt überschwemmen. Da reicht ein einziges Interview mit dem CEO von HBO und dann weiß man, dass zu kritischen Geschichten und überbordender Fantasie zuerst gute Drehbücher gehören und viel Mut der Produzenten. Das ist nicht immer alles eine Frage der Vermarktung europaweit, sondern auch der filmischen Substanz selbst. Diese Debatte müssen wir dann auch führen, was letztendlich in europäischen Mediatheken schöpferisch ankommen soll.
Das Projekt soll mit öffentlichem Geld angeschoben, dann aber staatsfern betrieben werden – welches Modell halten Sie dafür für geeignet?
Ein europäisches Projekt wäre letztlich per se staatsfern und öffentlich-rechtliche Anstalten arbeiten sowohl mit hoher Selbstständigkeit, als auch mit großer Transparenzpflicht. Im Einzelnen habe ich mich damit noch nicht beschäftigt, aber da gibt es doch innerhalb der Medienlandschaft genug praktische Erfahrungen.
Deutschland und Frankreich sollen zunächst die Motoren für die Plattform sein – wie finden Sie das?
Ich hatte ARTE ja schon angeführt, denn de facto gibt es schon länderübergreifende Medienstrukturen, wenn auch viel zu wenige. Letztlich ist das dann aber nicht ausreichend, um den Osten und den Süden Europas mit ihren Filmproduktionen gleich dabei zu haben. Da wäre mir ein Modell, das diese Einbindung von Beginn an strukturell widerspiegelt, wesentlich lieber, eine Art zeitgenössische Europeana für Medienproduktionen, das müsste doch eigentlich nicht so schwer sein.
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