Immer mehr Landwirtschaftsbetriebe setzen auf digitale Anwendungen und KI. Wie steht die Landwirtschaft in Ihrem Bundesland aus Ihrer Sicht in der digitalen Transformation da?
Niedersachsen ist das Agrarland Nummer 1 in Deutschland und natürlich spielt bei uns die Digitalisierung eine große Rolle. Durch Smart-Farming-Technologien können der Ackerbau und die Tierhaltung effizienter und nachhaltiger werden, da denke ich an präzise Bewässerungssysteme, automatisierte Fütterung und die Überwachung der Tiergesundheit. Digitale Verfahren und Anwendungen sind in den ausgeprägten Ackerbauregionen im Süd-Osten Niedersachsens ebenso wie in den Regionen mit viel Tierhaltung im Norden weit verbreitet - Tendenz steigend.
Effiziente Systeme können den Landwirtinnen und Landwirte die Arbeit erleichtern, die Wirtschaftlichkeit verbessern und gleichzeitig dem Umwelt- und dem Tierschutz dienen. Eine klassische „Win-Win“- Situation.
Insbesondere bei Klima- und Wettervorhersagen sind digitale und KI-Anwendungen im Einsatz. Wie können digitale Lösungen bei der Anpassung an den Klima-Wandel helfen?
Die Klimakrise hat enorme Auswirkungen auf die Landwirtschaft, auf uns alle. Wichtig ist vor allem, das Klima zu schützen und die Emissionen zu verringern. Dabei helfen auch digitale Lösungen, den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft zu verringern. Durch effizientere Maschinen und optimierte Anbauverfahren können der Energieverbrauch und die Emissionen reduziert werden.
Aber auch bei der notwendigen Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise sind digitale Lösungen und KI-Anwendungen sehr sinnvoll. Intelligente Bewässerungssysteme können den Wasserverbrauch optimieren und so die Auswirkungen von Dürren abmildern. Um den Wald als Ort der Biodiversität, Klimaschützer und CO2-Speicher zu bewahren, finanziert Niedersachsen in den Waldbrand-Risikogebieten das Automatisierte Waldbrandfrüherkennungs-System (AWFS). Durch optische Sensoren können selbst in 20 km Entfernung Rauchentwicklungen durch Entstehungsbrände unter Einsatz von KI erkannt und exakt verortet werden. So können Waldbrände früh bekämpft werden, bevor sie sich ausbreiten. Moderne KI-gestützte Frühwarnsysteme sind auch in anderen Bereichen sehr sinnvoll, um beispielsweise rechtzeitig vor Überschwemmungen oder Stürmen zu warnen- und so Schäden zumindest zu minimieren.
In der Landwirtschaft sind präzise Wettervorhersagen entscheidend, um optimal planen und Maßnahmen durchführen zu können. Gibt es Sonne oder Regen, starken Wind, hohe oder niedrige Temperaturen? Je genauer die Prognose dank KI, desto besser können Entscheidungen auf den landwirtschaftlichen Betrieben getroffen und umgesetzt werden, wie beispielsweise die Terminierung von mechanischer Bodenbearbeitung vor lokalen Starkregenereignissen.
Simulations- und KI-Modelle sind hilfreich, um die Erfolgswahrscheinlichkeit geplanter Anbausysteme und Fruchtfolgen vorab aufzuzeigen und zu beschreiben. Durch die Analyse von Wetter- und Bodendaten können Landwirte nachhaltigere Anbaupraktiken für ihre Region entwickeln. So können sich Landwirtinnen und Landwirte auf zukünftige Klimaszenarien besser vorbereiten und Ressourcen sparen. Und das ist notwendig angesichts der Klimakrise!
Vor allem in Sachen Nachhaltigkeit sehen viele Landwirte große Potenziale in digitalen Lösungen. Welchen Beitrag kann die Digitalisierung in diesem Bereich leisten?
Auch ich sehe in Sachen Nachhaltigkeit große Potenziale in digitalen Lösungen. Einmal sind dies die bereits erwähnten Smart-Farm-Technologien, wie automatisierte Fütterungssysteme und Überwachungstechnologien, um das Wohlbefinden der Tiere zu verbessern, die Gesundheit und das Verhalten der Tiere zu überwachen und bei Auffälligkeiten sofort Alarm zu schlagen. Durch Sensoren, Drohnen und Datenanalyse-Tools können Landwirtinnen und Landwirte ihre Felder genau im Blick behalten, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Wir unterstützen auch das Praxis-Labor Digitaler Ackerbau und digitale Experimentierfelder der Landwirtschafskammer, um wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu bringen. Auch das Biodiversitätsmonitoring könnte durch KI-Auswertungen verbessert werden, um Zusammenhänge zwischen Artenbeständen und den Begleitumständen besser zu verstehen und rechtzeitig steuernd einzugreifen. Gleichzeitig müssen wir aber die Risiken der Digitalisierung im Blick behalten, was den Datenschutz, die Verteilung der Marktmacht in den Wertschöpfungsketten sowie die Entwicklung der Betriebsstrukturen angeht.
Als größtes Hemmnis sehen die Betriebe die hohen Investitionskosten. Wie unterstützt Ihr Haus die Betriebe in Ihrem Bundesland in der digitalen Transformation?
Der Landesregierung ist bewusst, dass die Investitionskosten hoch sein können. Daher unterstützen wir die digitale Transformation in Niedersachsen durch verschiedene Förderprogramme und Initiativen. Diese beziehen sich teilweise auf den vor- und nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft, wie das Programm Digitalbonus.Niedersachsen-innovativ. Damit können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) finanzielle Unterstützung für Investitionen in innovative Digitalisierungsprojekte bekommen. Übrigens stellt Niedersachsen der Landwirtschaft die Nutzung von RTK-Signalen kostenfrei zur Verfügung.
Neben finanziellen Zuschüssen gibt es auch Beratungsangebote für Unternehmen, die Betriebe bei der Planung und Umsetzung ihrer Digitalisierungsprojekte unterstützen. Landwirtinnen und Landwirte können sich bei uns mit ihren Anliegen an die Landwirtschaftskammer Niedersachsen oder die Beratungsringe vor Ort wenden.
Die Landesregierung fördert die digitale Transformation an vielen Stellen, beispielsweise durch Investitionen in den Ausbau der digitalen Infrastruktur, durch die Europäische Innovationspartnerschaft (EIP-Agrar) aber auch die Bildung und Weiterbildung haben wir im Blick, da gibt es zahlreiche Initiativen für Landwirtinnen und Landwirte.
Last but not least möchte ich den “Digitalisierungpreis Agrar und Ernährung“ erwähnen, den mein Haus alle zwei Jahre vergibt. Mit dem Digitalisierungspreis wollen wir hervorragende Ansätze und Lösungen auch in der breiten Öffentlichkeit bekannter machen. Glücklicherweise gibt es davon in Niedersachsen schon sehr viele!