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Interview

Digitalradio im Auto: Was Deutschland von Großbritannien lernen kann

Interview mit Laurence Harrison, Technology and Market Development Director Digital Radio UK

Laurence Harrison, Technology and Market Development Director Digital Radio UK Quelle: Digital Radio UK Alexander Hiller Redakteur Meinungsbarometer.info 22.06.2014

Mr. Harrison: In Deutschland arbeiten Automobilindustrie und Rundfunkbranche an gemeinsamen Einführungskonzepten, um die Marktdurchdringung von Digitalradio im Auto zu beschleunigen. Ist Deutschland damit auf dem richtigen Weg?

Laurence Harrison: Absolut, es gibt eine regelrechte Welle der digitalen Radio-Verbreitung in ganz Europa. Wir sehen eine Zunahme in der Dynamik bei Digitalradio in ganz Europa. Andere Länder etablieren oder haben bereits ausgeprägte Digitalradio-Märkte, wie Norwegen, Dänemark, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Italien und die Schweiz. Auch Frankreich führt gerade seine ersten Digitalradio-Dienste in den großen Städten ein. Angesichts der Bedeutung der Automobilbranche in Deutschland ist es angebracht, dass es ein Zusammenwirken aller Branchen gibt, um DAB+ als Standard im Neuwagenmarkt zu etablieren. Dafür müssen die Fahrzeughersteller mit so vielen Anreizen wie möglich versehen werden.

Gibt es aus Ihren Erfahrungen heraus besondere Maßnahmen, die eine Marktdurchdringung von DAB+ im Auto in Deutschland beschleunigen würden?

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die helfen würden, die Verbreitung von DAB+ im Auto zu beschleunigen. Erstens wollen die Fahrzeughersteller natürlich eine klare Aussage und Vision von den Rundfunkanstalten und der Regierung über die digitale Zukunft für das Radio und die Bedeutung von DAB+ im Speziellen. Ich begrüße, dass die ARD im nächsten Jahr einen Bericht vorlegen will, der ihre Pläne für DAB+ darlegen wird und sicher wird dieser helfen beim weiteren Vorgehen. Zweitens müssen alle DAB+ Versorgungslücken lokalisiert und geschlossen werden. Dabei muss der Fokus zunächst auf dem Hauptstraßennetz liegen. Zudem sollte ein Plan für den Versorgungsausbau der Fahrzeugindustrie vorgelegt werden. Drittens muss es überzeugende Inhalte und Angebote auf DAB+ geben, die für die Fahrzeughersteller attraktiv sind. In diesem Zusammenhang sind die neuen intelligenten Verkehrs-und Reisedienstleistungen, die über DAB+ in Deutschland verbreitet werden, von großer Bedeutung. Wichtig ist es, dass die Rundfunkanstalten einheitlich über die Vorteile von DAB+ in Autos informieren und auch darüber, wie die Nutzer die Daten empfangen können. Ziel muss es sein schon bald die Verbraucher dazu zu bringen, beim Kauf eines neuen Autos nach DAB+ zu fragen. Ich glaube aber, dass in allen diesen Bereichen in Deutschland bereits gute Fortschritte gemacht worden sind und die Rundfunkanstalten dabei eine führende Rolle spielen.

Welche Rahmenbedingungen und welche Maßnahmen haben in UK dazu geführt, dass in so viele Autos Digitalradio in Serie eingebaut wird?

Wir haben hart gearbeitet, um alle oben genannten Maßnahmen an Ort und Stelle in Großbritannien umzusetzen. Die Regierung hat eine klare Politik, die besagt, dass die Zukunft für Radio digital sein muss und wir arbeiten auf eine Umschaltung hin. Wir haben einige und ganz großartige Radioinhalte, die es derzeit nur im Digitalradio gibt. In Großbritannien haben wir ein heute ein hervorragendes Zusammenspiel in Bezug auf den DAB Ausbau. Genannt seien hier die BBC, unsere Regierung und die kommerziellen Radios. Wir haben zudem die Konsumenten immer wieder darüber informiert, wie sie Digitalradio fürs Auto bekommen können. Gerade führen wir ein neues Logo ein, das neue Autos und Zubehörprodukte identifizieren hilft, die bereits Digitalradio tauglich sind. Ein anderer wichtiger Faktor war, dass wir führende Fahrzeughersteller haben, die sehr klare Aussagen und Selbstverpflichtungen zu Digitalradio gemacht haben. Dies bedeutet auch, dass die Konkurrenten diesen Vorreitern heute folgen müssen.

Wie groß schätzen Sie die Bedeutung des Nachrüstmarkts in Deutschland ein?

Wenn der Digitalradiomarkt wächst wird es wichtig sein, Nachrüstungs-Möglichkeiten für die Autos anzubieten, die noch kein Digitalradio haben. Das erwarten die Verbraucher. Autohändler sollten motiviert sein, noch innerhalb der Garantie, ihren Kunden ein Digitalradio-Upgrade anzubieten. Die Zubehör-Einzelhändler sollten wiederum damit verstärkt beginnen, ihren Kunden eine Reihe von DAB+ Adaptern anzubieten. Diese Produkte sollten gleich auch iPod-Anschlüsse und Bluetooth enthalten, weil die Verbraucher heute erwarten. Da das DAB+ Angebot wächst und die Digitalradiopolitik in Deutschland klarer wird, gewinnt der Zubehörmarkt künftig immer mehr an Bedeutung.

In Deutschland werden 10 Prozent aller Neuwagen mit Digitalradio ausgeliefert. Wie ist die Quote in Großbritannien und inwieweit spielt bei Ihnen die DAB Nachrüstung von Autos eine Rolle?

Bei uns werden derzeit 55 Prozent der neuen Autos mit Digitalradio als Standard ausgeliefert und 70 Prozent der neuen Autos haben DAB serienmäßig oder als Option. Wir verkaufen rund 2,2 Millionen neue Autos pro Jahr in Großbritannien und im vergangenen Jahr hatten 900.000 davon DAB als Standard. In diesem Jahr erwarten wir, das wird auf 1,3 Millionen klettern. Unser Ziel ist, dass Ende 2016 über 90 Prozent der Neuwagen standardmäßig mit DAB ausgestattet sind. Der Zubehörmarkt leistet derzeit bei uns einen eher kleineren Beitrag zur Umrüstung auf Digitalradio, aber er wächst kontinuierlich. Unser Ziel ist es, bis Ende 2016 insgesamt 1 Million Fahrzeuge auf digitalen Radioempfang umzurüsten.

Wo liegen die wesentlichen Unterschiede bei der Markteinführung zwischen UK und Deutschland?

Der Hauptunterschied ist, dass unsere Regierung eine klare Digitalradiopolitik verfolgt und wir schon heute auf eine Umschaltung hinarbeiten. Aufgrund der starken Unterstützung der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbieter waren wir zudem in der Lage, starke Anreize für die Fahrzeugindustrie zu schaffen, DAB als Standard anzubieten.

Wäre es für die gesamte Autoindustrie nicht einfacher, für alle Länder Europas das gleiche DAB-Equipment einzubauen?

Ja! Die Märkte, in denen Digitalradio eingeführt ist, erreichen mittlerweile über 50 Prozent der europäischen Pkw-Verkaufszahlen, also gibt es ein starkes Argument für die Fahrzeughersteller. Wir haben nun auch einen gemeinsamen europäischen Standard, der UKW, DAB und DAB+ umfasst. Diesen könnten die Fahrzeughersteller in allen Autos verwenden und so sicher sein, dass die Kunden Radio-Dienste über die Grenzen hinweg in allen europäischen Ländern empfangen können. Wir beginnen nun, mit den großen europäischen Rundfunk-und Automobilorganisationen zusammenzuarbeiten, um die Standardisierung von UKW, DAB und DAB+ im Auto zu unterstützen.

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