Medienkonsum nach den Vorgaben von Sendeanstalten? Seit der IFA 2009 werden wir solche Einbahnstraßen nicht mehr akzeptieren: Die Top-Modelle unter den neuen Fernsehgeräten holen das Internet ins Wohnzimmer. Ob Videoclips von Youtube-Seiten, Diashows von Online-Fotodiensten, der Wetterbericht, minutenaktuelle News, Sport-Ergebnisse oder Börsenkurse: All diese Angebote gibt es jetzt zum Anklicken auf TV.
Doch mit welchem Tempo Internet und TV vereint in unseren Wohnzimmern Einzug halten werden, sei schwer vorherzusagen. Das meint Dr. Jan Krone vom Institut für Medienwirtschaft der Fachhochschule St.Pölten/Österreich. „In der Regel ist eine Technik-Migration die Summe von Kommunikations- bzw. Unterhaltungsnutzen der Haushalte und Absatzstrategien der Hardware-Hersteller.“ Zudem seien Lebenszyklen von Unterhaltungselektronik je nach Gerätegattung unterschiedlich. Settop-Boxen würden meist nur eine Behelfslösung darstellen.
Perspektivisch sieht Dr. Krone allerdings ein Auflösungsproblem zwischen Computer-Bildschirm und TV-Set. „Die durchschnittliche Entfernung zum Bildschirm beträgt beim TV-Set etwa 2,5 Meter, beim Rechner nur 0,5 Meter.“ Seine Prognose lautet daher: „In Zukunft wird es zwei oder mehr Geräte mit einer kabellosen Datenquelle je Haushalt oder Nutzungsort geben. Das in letzter Zeit zunehmend genutzte Fernsehen auf dem Computer-Bildschirm läuft nach Definition von Dr. Krone dagegen unter „Studenten-Fernsehen“. „Geringe Wohnfläche und die Notwendigkeit eines Computer-Betriebs führt häufig zum Verzicht auf das TV-Gerät aus Platzgründen. Dieses Raumproblem ändert sich aber meist nach Abschluss des Studiums mit dem Berufseintritt.“
Auch sieht der österreichische Medienwissenschaftler ein verändertes Medien-Nutzungsverhalten durch die neuen Hybridgeräte vorher. „Vor dem Hintergrund eines hybriden Betriebs kommt es verstärkt zur Parallelnutzung. Internet wird aktiv durch den Nutzer gebraucht, TV als Entspannungsmedium („Rauschen“) unterstützend passiv. Mobile TV vereint bereits beide Medien in einem Gerät. Hier überwiegt jedoch das Switchen zwischen den Funktionen TV und Internet und Sprach- oder Satzzeichenkommunikation.“
Dass sich Fernsehveranstalter wegen der hybriden Nutzung auf neue Konsumentenwünsche einstellen müssen, glaubt Dr. Krone nicht. „Die Professionalisierung im TV ist bereits sehr hoch. Es werden bereits heute zu allen Programmteilen URLs (Uniform Resource Locator/Internet-Adressen) kommuniziert. Der Zuschauer kann dann optional darauf zurückgreifen und tut dies schon recht häufig. Es besteht nur eine sehr geringe Substitution zwischen TV und Internet – anders dagegen im Vergleich Presse und Online.“
Eine „digitale Spaltung“ der Bevölkerung durch die voranschreitende Internet/TV Konvergenz erwartet der Medienforscher ebenfalls nicht. „Das halte ich im Raum der Europäischen Union für ein zu vernachlässigendes Phänomen. Es existieren breit angelegte Programme zur Vernetzung der Haushalte in der EU, zum Beispiel durch die Arbeit der Kommission von Viviane Reding. Haushalte, die kein Interesse an einem Internetzugang haben, fallen nach meinem Verständnis nicht unter diese Problemkategorie“, begründet Dr. Krone seine positive Einschätzung.