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Interview19.08.2024

Die Digitalisierung und ihre Potenziale für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Wie die Transformation in Baden-Württemberg voranschreitet

Peter Hauk MdL - Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg Quelle: KD Busch Peter Hauk MdL, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Landesregierung Baden-Württemberg
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
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"Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg befindet sich in einem dynamischen Transformationsprozess hin zur Digitalisierung", erklärt Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Während einige Vorreiter "modernste Techniken wie Präzisionslandwirtschaft und KI-gestützte Systeme" nutzen, stünden  kleinere Betriebe oft noch am Anfang ihrer digitalen Reise. Die digitale Transformation  unterstützt sein Haus mit einer ganzen Reihe von Aktivitäten. 





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Immer mehr Landwirtschaftsbetriebe setzen auf digitale Anwendungen und KI. Wie steht die Landwirtschaft in Ihrem Bundesland aus Ihrer Sicht in der digitalen Transformation da?
Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg befindet sich in einem dynamischen Transformationsprozess hin zur Digitalisierung. Viele Betriebe erkennen bereits die Vorteile digitaler Technologien und investieren in innovative Lösungen. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Betrieben. Während einige Vorreiter modernste Techniken wie Präzisionslandwirtschaft und KI-gestützte Systeme nutzen, stehen kleinere Betriebe oft noch am Anfang ihrer digitalen Reise. Die größten Herausforderungen sind dabei häufig mangelnde Infrastruktur, hoher Investitionsbedarf, Unsicherheiten bei Anwendern bzgl. Funktion, Sicherheit und Datenschutz sowie der Zugang zu Schulungen und Fachwissen. Insgesamt sind die Fortschritte ermutigend, und wir sehen ein wachsendes Interesse und Engagement seitens der Landwirte, die Digitalisierung voranzutreiben. Das MLR fördert diese Entwicklung aktiv durch Projekte im Rahmen "Landwirtschaft 4.0 nachhaltig.digital" und führt Forschungsprojekte zu KI und Wissenstransfer in die Praxis durch, die darauf abzielen, die Digitalisierung in der Landwirtschaft voranzutreiben und in der Fläche zu verankern.

Insbesondere bei Klima- und Wettervorhersagen sind digitale und KI-Anwendungen im Einsatz. Wie können digitale Lösungen bei der Anpassung an den Klimawandel helfen?
Digitale Lösungen und KI können maßgeblich zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Durch präzise Wettervorhersagen und Echtzeit-Datenanalysen können Landwirte besser planen und auf wechselnde Klimabedingungen reagieren. Beispielsweise ermöglichen es KI-gestützte Systeme, Wetterdaten zu analysieren und Vorhersagen zu treffen, die über traditionelle Methoden hinausgehen. Diese Technologien können Frühwarnsysteme für extreme Wetterereignisse bereitstellen, die Bewässerung optimieren und den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln genau abstimmen. Dadurch können Erträge stabilisiert und Ressourcen geschont werden. Insgesamt tragen diese digitalen Werkzeuge dazu bei, die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) bietet spezielle Wetterdienste und Entscheidungshilfen für Landwirte an und das Weinbauinstitut Freiburg stellt das Prognosesystem „VitiMeteo“ für den Weinbau bereit.

Vor allem in Sachen Nachhaltigkeit sehen viele Landwirte große Potenziale in digitalen Lösungen. Welchen Beitrag kann die Digitalisierung in diesem Bereich leisten?
Die Digitalisierung bietet enorme Potenziale, um die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu fördern. Durch den Einsatz von Sensortechnologien und dem Internet der Dinge (IoT) können Landwirte ihr Management optimieren, um den Ressourceneinsatz deutlich effizienter zu gestalten. Zum Beispiel ermöglichen Sprühdrohnen im Weinbau die körperliche Belastung der Bewirtschafter erheblich zu mindern und vor allem den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln auf Nicht-Zielflächen im Steillagenweinbau zu reduzieren. Auf die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln zielt auch die automatische Teilbreiten- oder Einzeldüsenschaltungen für teilflächenspezifische Applikation bis hin zum „Spot-Spraying“ ab, da hier Pflanzenschutzmittel punktuell eingesetzt werden können. Auch bei mechanischen Verfahren kann das Management mit Robotik bis auf die einzelne Pflanze präzisiert werden.  Die Digitalisierung ist daher ein sehr wichtiger Baustein bei unserem Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50 Prozent bis 2030 zu reduzieren, zu dem sich die Landesregierung im Rahmen des Biodiversitätsstärkungsgesetzes verpflichtet hat. Bodensensoren erlauben eine präzise Überwachung der Bodenfeuchtigkeit, was zu einer bedarfsgerechten Bewässerung führt und Wasserressourcen schont. Die heute bereits weit verbreiteten Fahrassistenten auf Traktoren ermöglichen Treibstoffeinsparungen und verbessern die Arbeitsqualität für Mensch und Maschine. Auch in der Tierhaltung birgt die Digitalisierung nicht nur große Potenziale in der Arbeitsproduktivität, sondern im Kontext datengestützter Herdenmanagementprogramme Möglichkeiten eines besseren Monitorings der Tiergesundheit, des Tierwohls (rund um die Uhr, auch wenn der Landwirt nicht im Stall ist) und einer höheren Fütterungseffizienz. Darüber hinaus kann die Digitalisierung die Nachverfolgbarkeit und Transparenz in der Lieferkette verbessern, was sowohl für die Konsumenten als auch für die Produzenten von Vorteil ist. Insgesamt trägt die Digitalisierung wesentlich dazu bei, eine ressourcenschonendere, umweltfreundlichere und nachhaltigere Landwirtschaft zu etablieren.

Als größtes Hemmnis sehen die Betriebe die hohen Investitionskosten. Wie unterstützt Ihr Haus die Betriebe in Ihrem Bundesland in der digitalen Transformation?
Die hohen Investitionskosten sind tatsächlich eine der größten Hürden bei der Digitalisierung der Landwirtschaft. Das gilt vor allem dann, wenn Digitalisierung nur in Verbindung mit neuen Maschinen oder Neuinvestitionen umgesetzt werden kann. Das MLR bietet eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen, um den Betrieben den Einstieg in die digitale Transformation zu erleichtern. Zum einen gibt es finanzielle Förderprogramme wie die Agrarinvestitionsförderung, die den Landwirten helfen, die anfänglichen Investitionskosten zu stemmen und moderne Technologien zu implementieren. Im Rahmen unseres Förderprogramms für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT II) werden verschiedene Maßnahmen auf Basis digitaler Technologien angeboten, insbesondere die Ausbringung von Trichogramma bei Mais, Precision Farming (teilflächenspezifische Stickstoff-Düngung) und die reduzierte Bodenbearbeitung mit Strip Till-Verfahren. Darüber hinaus bieten wir geförderte Beratungsmodule, Schulungen in der Berufsausbildung und Weiterbildungsangebote an, um die Landwirte mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten auszustatten. Wichtig sind auch die zahlreichen Projekte angewandter praxisnaher Forschung mit Landwirten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) gefördert wurden und werden, wie z.B. „Maschinenring digital“, „Einführung von Spritzdrohnen in den Steillagenweinbau“, „Intelligentes und digitales Bodenprobenmanagement“ oder „Online-Diagnose von Pflanzenzuständen für die Optimierung“. Durch die umfassende Unterstützung bei der Entscheidungsfindung möchten wir sicherstellen, dass alle Betriebe, unabhängig von ihrer Größe, von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können und langfristig wettbewerbsfähig bleiben.

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