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Deutsche Games-Branche doppelt benachteiligt

Was die Politik jetzt tun muss

Andreas Lange - Kurator - Computerspielemuseum Quelle: Joerg Metzner Andreas Lange Kurator Computerspielemuseum 19.04.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Durch verschiedene Faktoren "ist es noch schwieriger geworden, Kapital vor allem für große Gamesproduktionen für Deutschland zu akquirieren", konstatiert Andreas Lange vom Computerspielemuseum. Er sieht die Politik gefordert - bei Förderrahmen aber nicht nur da.







Die neue Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag die Games-Branche stärken und damit für angemessene Wettbewerbs-Bedingungen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sorgen. Wie groß ist der Nachteil für deutsche Unternehmen in diesem Bereich bislang?
Der Nachteil für deutsche Unternehmen ist mittlerweile ein zweifacher: So haben Sie traditionell vor allem gegenüber dem angloamerikanischen Kulturraum den Nachteil einer weit weniger ausgeprägten Bereitschaft von Investoren, in technisch neue Bereiche zu investieren. Dies wurde durch die geringe kulturelle Anerkennung von Games verstärkt, die z.B. in Frankreich schon wesentlich früher geholfen hat, dass globale Player entstehen konnten.

Seitdem nun auch in anderen Ländern wie Kanada, Frankreich, England oder Polen nationale Förderschienen auf den Weg gebracht wurden, ist es noch schwieriger geworden, Kapital vor allem für große Gamesproduktionen für Deutschland zu akquirieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, soll unter anderem der Deutsche Computerspielpreis weiterentwickelt werden. Was ist bei dem Preis aus  Ihrer Sicht verbesserungswürdig?
Obwohl der DCP seine Wurzeln tatsächlich im Bereich der Förderung hat, ist ein Preis grundsätzlich nicht dazu geeignet, nachhaltige Wirtschaftsförderung zu betreiben. Denn erstens ist ein Preisgeld nicht planbar und zweitens bekommt man es erst dann, wenn das  Produkt bereits fertig ist.

Das soll jedoch nicht heißen, dass der DCP keine Wirkung hat. Im Gegenteil ist er ein wichtiges Werkzeug, um das gesamtgesellschaftliche Umfeld positiv zu gestalten. In diesem Sinne begrüße ich ausdrücklich jede Initiative, den DCP besser auszustatten und weiterzuentwickeln.

Außerdem sollen die E-Sports aufgewertet werden. Was kann die Politik da tun?
Die Politik kann wesentlich daran mitwirken, dass eSport als regulärer Sport anerkannt wird. Auf dieser Grundlage würden dann für eSport sowohl im Freizeit- als auch im Profibereich prinzipiell die selben Förderungsmöglichkeiten wie auch für die traditionellen Sportarten zur Verfügung stehen. Auch die Gestaltung neuer Rahmenbedingungen für einen Einsatz von eSport im Schulkontext ist zentral eine politische Aufgabe.

Welche weiteren konkreten Maßnahmen würden Sie befürworten?
Neben materiellen Wirtschaftsförderungen ist auch eine gute Ausbildungslandschaft ein wichtiger Standortfaktor. Diesbezüglich lässt sich durchaus positiv feststellen, dass nicht nur private sondern mittlerweile auch zunehmend mehr staatliche Ausbildungseinrichtungen für verschiedene Berufszweige in der Gamesbranche ausbilden. Allerdings sind die Möglichkeiten, die Auszubildenden mit der Gamesgeschichte vertraut zu machen, sehr limitiert. Gibt es doch im Augenblick keine legale Möglichkeit für die Universitäten und Akademien, einen geregelten Zugang zum digitalen Spieleerbe anzubieten. Hierzu müssten einerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Werden doch bis heute Computerspiele nicht explizit im Urheberrecht erwähnt. Und andererseits fehlt auch ein konzertiertes Angebot, was wir als relativ kleine und nicht geförderte Kulturinstitution mit unserer Sammlung, von immerhin über 25.000 Spielen,  nicht leisten können. Insofern haben wir zusammen mit der USK, Universität Potsdam und der Zentral - und Landesbibliothek Berlin, die ebenfalls alle über große Gamessammlung verfügen, sowie der Stiftung Digitale Spielekultur die Initiative „Internationale Computerspielesammlung“ gegründet, um diese Lücke zu schließen. Ziel ist, das Erbe im Bereich Games vor dem Hintergrund der kulturellen Anerkennung der Gesellschaft für verschiedene Zwecke geregelt zur Verfügung zu stellen.

Insofern wäre es gut, wenn die Bundesregierung den Weg weiter fortsetzt, den sie 2012 mit der Aufnahme der „Prüfung von Möglichkeiten, Computerspiele zu archivieren“ in den Koalitionsvertrag und der Bereitstellung der Mittel für die „Internationale Computerspielesammlung“ für die ersten beiden Jahre Ende 2016 eingeschlagen hat. Würde doch eine nachhaltige Finanzierung nicht nur eine direkte Hilfestellung für Ausbildung und Wissenschaft, sondern auch ein deutliches weit über die Landesgrenzen hinweg wirkendes Zeichen sein, dass Computerspiele in Deutschland ernst genommen werden, was ebenfalls einen zwar weichen, aber nicht unwichtigen Standortfaktor darstellen würde. Und last but not least würde eine solche dauerhafte Finanzierung einen konkreten Beleg für eine wichtige Grundbedingung einer nationalen Förderung darstellen. Basiert diese doch auf der Annahme, dass Games ein Kulturgut sind. Denn nur so ist der Eingriff in den freien Markt, den jede nationale Fördermaßnahme darstellt, international durchsetzbar.

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