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Interview

“Der Prognosen sind genug getan, lasst uns endlich Taten sehen”

Prof. Dr. Uwe Hasebrink Quelle: Hans-Bredow-Institut Hamburg Alexander Hiller Redakteur Meinungsbarometer.info 28.02.2005

DAB, DRM, DVB-T, DMB, ... in Deutschland wird wieder heftig darüber gestritten, welche Technologie die wahre ist, um künftig Radio zu übertragen. Nach Ansicht von Prof. Dr. Uwe Hasebrink, Direktor des Hans-Bredow-Instituts Hamburg, befindet sich Radio aber nicht in einem Technologiewettbewerb, sondern in einem Wettbewerb der audiovisuellen Dienste, in welchem es sich klarer profilieren muss.

Meinungsbarometer: Was halten Sie von der Neuauflage des Technologiestreits?

Prof. Dr. Uwe Hasebrink: Wenn es eine Lehre der jüngsten Technikentwicklungen gibt, dann doch die, dass sich die Frage nach der einen wahren Technologie zur Übertragung bestimmter Medien- und Kommunikationsdienste erübrigt. Die bisher enge Kopplung von Dienst und Übertragungstechnologie hat sich längst gelockert mit dem Ergebnis, dass jede Übertragungstechnologie mehrere verschiedene Dienste transportiert und dass jeder Dienst über mehrere verschiedene Wege zu den Nutzern gelangt.

Wo sehen Sie die Ursachen für die schleppende Digitalisierung des Hörfunks - beim Fernsehen geht es doch offensichtlich schneller?

Dass die Entwicklung im Fernsehbereich weiter fortgeschritten ist, deutet darauf hin, dass es dort mehr konkrete Gründe gibt, sich für die Digitalisierung zu engagieren – sowohl auf der Seite der Anbieter, als auch auf der Seite der Nutzer. Beim Hörfunk ist das offenbar anders. Insbesondere die Hörfunkanbieter selbst sehen bisher wenig gute Gründe, sich für die Digitalisierung einzusetzen und in sie zu investieren. Ein guter Grund wäre eine entschiedene Nachfrage der Nutzer, die aber scheinen mit dem über UKW verfügbaren Spektrum durchaus zufrieden zu sein, jedenfalls sind kaum laute Rufe nach entsprechenden Angeboten zu vernehmen. Folge des mangelnden Interesses auf diesen beiden Seiten ist dann, dass auch die Geräte nicht so preiswert zu haben sind, dass über diesen Weg eine raschere Verbreitung in Gang käme.

Was kann Wissenschaft beitragen, um den Prozess der Digitalisierung in Deutschland zu beflügeln?

Die verschiedenen Wissenschaften sind nicht dazu da, bestimmte technische Entwicklungen zu beflügeln. Sie flankieren den Prozess der “Domestizierung” von Techniken, in dem die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure untereinander aushandeln, für wen und wozu neue Techniken und Dienste gut sein könnten. Wie die Erfahrung mit DAB gezeigt hat, dienen dazu weniger die allfälligen gefälligen Akzeptanzuntersuchungen, die die Marktpotenziale allesamt weit überschätzt haben. Hilfreicher können in diesen Fällen eher die unabhängigen Stimmen sein: Die kritischen Argumente, die etwa Prof. Hans J. Kleinsteuber frühzeitig gegenüber DAB geäußert hat, hätten deutlich früher hellhörig machen müssen.

Welche Perspektive sehen Sie für DAB in Deutschland?

Ich bin versucht zu kalauern: “Der Prognosen sind genug getan, nun lasst uns endlich Taten sehen.” Solange die entscheidenden Akteure, in dem Falle Anbieter und Nutzer, kein substanzielles Interesse zeigen, bleiben die Perspektiven schlecht.

Downloads per Internet, MP3-Player fürs Handy – wie kann sich Radio im Wettbewerb der Technologien behaupten?

Radio befindet sich nicht in einem Technologie -Wettbewerb – es befindet sich in einem Wettbewerb der audiovisuellen Dienste. Die technische Konvergenz macht Audio-Inhalte für die verschiedensten Endgeräte verfügbar. Für Radio bedeutet dies, dass es sich noch klarer als bisher darauf besinnen muss, worin sein spezifisches Profil gegenüber anderen Audio-Diensten besteht. Dazu gehört, es als Vorteil zu begreifen, ein Medium der öffentlichen Kommunikation zu sein, Inhalte von aktueller gesellschaftlicher und kultureller Relevanz zu bieten, nah am Alltag der Hörerinnen und Hörer zu sein und eine Integrationsfunktion zu erfüllen.

Wird die Radiolandschaft in Deutschland durch die anstehende Digitalisierung vielfältiger?

Versteht man unter Vielfalt eine möglichst große Zahl spezialisierter Radio(musik)formate, so zeigt schon ein Blick auf die jetzt schon im Internet verfügbaren Programme, dass in dieser Hinsicht mit einer zunehmenden Vielfalt gerechnet werden kann. Versteht man aber unter Vielfalt, dass die in den verschiedenen Regionen meistgehörten Programme eine breite Palette relevanter Informationen, kultureller Angebote und musikalischer Stilrichtungen präsentieren oder dass es einen funktionierenden Wettbewerb zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Anbietern gibt, so deuten die jüngsten Tendenzen des Personalabbaus, des Outsourcing von Redaktionen, der zunehmenden crossmedialen Verflechtung und Networkbildung eher auf Monotonisierung und Monopolisierung hin.

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