Frau Ministerpräsidentin Dreyer, braucht die neue digitale Medienwelt eine Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages in Deutschland?
Dreyer: Die digitale Medienwelt bringt nicht nur neue Möglichkeiten der Nutzung und neue Geschäftsmodelle mit sich, sondern stellt uns auch vor regulatorische Herausforderungen. Bisher unterschiedlich stark geregelte Bereiche, wie beispielsweise Rundfunk und Telemedien, treffen nun auf einem Bildschirm aufeinander und sind oftmals für die Nutzerinnen und Nutzer nicht zu unterscheiden. Wir haben daher zum einen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der gesamten Branche ins Leben gerufen, die unter dem Stichwort „Plattformregulierung“ diese Themen aufbereitet. Zum anderen bereiten wir uns als Länder mit der Unterstützung von zwei Gutachtern auf die Bund-Länder-Kommission vor, die die notwendigen Anpassungen für die konvergente Medienwelt in einem "Medienstaatsvertrag" fixieren soll.
Was soll in diesem neuen Vertrag alles neu oder besser geregelt werden?
Wir streben mit dem Medienstaatsvertrag eine Art Mantel-Staatsvertrag an, der die bundesgesetzlichen Regelungen und die ländergesetzlichen Regelungen miteinander verklammert und die Schnittstellen an die konvergente Mediennutzung anpasst. Dabei geht es insbesondere um die Schnittstellen Medienaufsicht, Telekommunikationsrecht und Wettbewerbsrecht. Besser soll unter anderem werden, dass nicht mehr die Technologie maßgeblich für die Regelungsintensität ist.
Welche Rolle muss aus Ländersicht der Rundfunk künftig in der von der Bundesregierung angekündigten digitalen Offensive für Deutschland spielen?
Das Internet wird die Terrestrik in Deutschland aus technischen Gründen und nicht zuletzt auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht ersetzen können. Wir setzen uns daher dafür ein, dass dem Rundfunk auch künftig ein ausreichendes Frequenzspektrum zur Verfügung steht. Deshalb ist es gut, dass die Koalitionspartner im Bund vereinbart haben, dass die für den Umstieg auf DVB-T2 notwendigen Voraussetzungen erhalten bleiben. Die Länder sind in diesem Rahmen offen für konstruktive Gespräche über einen verbindlichen Zeitplan für den Umstieg und die anschließende Simulcastphase, die allen Beteiligten Planungssicherheit gibt.
Für den Bundesrat wird die Zustimmung zur Änderung der Frequenzverordnung sicherlich auch davon abhängen, dass mit den Versteigerungserlösen die umstellungsbedingten Kosten beglichen werden und danach eine faire Verteilung der übrigen Erlöse zwischen Bund und Ländern auf der Grundlage der Verständigung im Vermittlungsverfahren zum TKG erfolgt.
Was wird die Politik unternehmen, um die Forderung aus dem jüngsten KEF-Bericht nach einem verbindlichen Abschalttermin für UKW zu unterstützen?
Ich verstehe die KEF so, dass sie eine verbindliche Perspektive für einen leistungsfähigen Ausbau von DAB+ einfordert. Darin will ich sie gerne unterstützen, denn die Digitalisierung des Hörfunks ist von großer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit dieses Mediums, auch wenn wir uns anschauen, was sich um uns herum in Europa auf diesem Feld tut. Daher unterstützen wir den Ausbau von DAB+ weiter.
Allerdings wurde der in der TKG-Novelle 2012 ursprünglich vorgesehene Abschalttermin für UKW auf Betreiben der Länder herausgenommen. Hieran hat sich bislang nichts geändert, aber wir brauchen mehr Dynamik im Ausbau.
Welche Chancen sehen Sie für den sächsischen Vorstoß, auch lokale Sender künftig durch Mittel aus der Rundfunkgebühr zu finanzieren?
Ich habe große Sympathie für diesen Vorstoß aus Gründen der Vielfaltssicherung. Ich weiß von meinen Kollegen aus Sachsen aber auch aus Mecklenburg-Vorpommern, dass gerade in den neuen Ländern viele kleine lokale Sender existieren, die zum Überleben eine Unterstützung ihrer technischen Infrastruktur brauchen.
Grundsätzlich gibt es nach dem Rundfunkstaatsvertrag die Möglichkeit, im Rahmen der Förderung landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur entsprechende finanzielle Mittel zur Unterstützung lokaler und regionaler privater Fernsehanbieter einzusetzen. Verschiedene Länder, so auch Rheinland-Pfalz, haben hiervon auf der Grundlage ihrer Landesmediengesetze in der Vergangenheit in unterschiedlichem Maße Gebrauch gemacht. Jedoch setzt dies voraus, dass die jeweiligen Landesmedienanstalten, die jetzt knapp zwei Prozent der eingehenden Rundfunkbeiträge erhalten, dazu finanziell auch in der Lage sind. Dies ist naturgemäß für Landesmedienanstalten mit einem geringeren Beitragsaufkommen deutlich schwieriger.