DVB-T gilt in Fachkreisen und bei den Endverbrauchern seit seiner Einführung in Berlin im Jahr 2002 als eine Erfolgsgeschichte. Zigtausende stationäre und mobile Geräte versorgen das Publikum seitdem zuverlässig mit TV-Inhalten. Doch bereits jetzt steht das Nachfolgesystem DVB-T2 in den Startlöchern, das aufgrund technischer Optimierungen vieles besser kann. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit findet seit gut einem Jahr in Norddeutschland ein erfolgreicher DVB-T2-Modellversuch mit zwei Sendern im Gleichwellennetz statt. Dort sind die Projektverantwortlichen von den technischen Vorteilen des neuen Systems überzeugt, denn mit DVB-T2 wäre „ein attraktives Gesamtangebot, unter anderem mit HDTV und vielen zusätzlichen Diensten über die Terrestrik möglich“, so Professor Ulrich Reimers vom Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig und Vorsitzender des Technischen Fachausschusses des Modellversuches. Doch seit der letztjährigen Vergabe der Digitalen Dividende an den Mobilfunk ist das erfolgreiche Durchstarten in den Regelbetrieb im Jahr 2014 gefährdet. Denn nach dem Verlust von 72 Megahertz Rundfunkfrequenzen könnte es mit dem Spektrum zur Verbreitung von DVB-T2 ziemlich eng werden. So möchte der Vorsitzende der Produktions- und Technik-Kommission der ARD und WDR-Direktor Heinz-Joachim Weber derzeit „keine Aussage zu einem möglichen Start von DVB-T2 in den Regelbetrieb machen“, da „eine Einführung des Standards DVB-T2 von zahlreichen ungeklärten Fragen begleitet ist. Noch wissen wir nicht, ob es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelingt, das notwendige Frequenzspektrum für einen Simulcastbetrieb von DVB-T und DVB-T2 zu sichern.“
Eine Nachfrage bei der Bundesnetzagentur bestätigt, dass dort derzeit keine Frequenzen für DVB-T2 freigehalten werden. Auch können „aufgrund der bereits erfolgten Digitalisierung des Fernsehfunks keine weiteren analogen Angebote zu Gunsten von DVB-T2 freigeräumt werden“, führt Behördensprecher René Henn weiter aus. Konkrete Vorschläge, wo und wie in Zukunft DVB-T2 frequenztechnisch abzubilden ist, möchte auch Professor Reimers, einer der Väter von DVB-T2, zum jetzigen Zeitpunkt nicht machen. „Denn wir haben doch derzeit noch gar keine grundsätzliche Entscheidung für DVB-T2. Noch sind wir dabei, das System zu untersuchen und seine mögliche Einführung fachöffentlich zu diskutieren“. Für Reimers steht zunächst auf der Tagesordnung, „einen nationalen Ansatz für das neue System zu finden und Vorschläge für eine Einführungsstrategie zu liefern“. Dabei ist ihm völlig klar, dass die Öffentlich-Rechtlichen in einem Einführungsszenario für die neue Technologie „vorangehen müssen“.
Umso erstaunlicher erscheinen daher die Aussagen aus dem Umfeld der Privaten. Verhalten optimistisch äußert sich etwa Martin Deitenbeck, der als Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt gleichzeitig auch Vorsitzender der Technischen Konferenz der Landesmedienanstalten (TKLM) ist. Er sieht einen möglichen Startpunkt für DVB-T2 „mit dem Auslaufen der Verträge der privaten Veranstalter für DVB-T Ende 2014“. Das „könnte ein sinnvoller Ansatzpunkt für den Wechsel auf DVB-T2 sein“. Selbst in Frequenzfragen ist Deitenbeck weniger skeptisch als seine Kollegen, „denn auch ohne die weggefallenen Kapazitäten gibt es noch genug Platz, um DVB-T2 in den Bändern IV und V zu verwirklichen“. Für den TKLM-Vorsitzenden muss „allerdings sichergestellt sein, dass der Rundfunk die ihm verbliebenen Kanäle, also beispielsweise auch die Kanäle 59 und 60, störungsfrei nutzen kann“.