Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem steckt in einer Legitimationskrise – mit Blick auf die Finanzforderungen für die nächste KEF-Gebührenperiode, haben die Verantwortlichen den Ernst der Lage tatsächlich erkannt?
Den Eindruck habe ich schon. Umzusteuern ist manchmal aber schwierig. Sie versuchen auf verschiedenen Wegen, einem Ansehens- und Bedeutungsverlust entgegen zu wirken. Mit dem geplanten „Jungen Angebot“, das komplett aus dem Bestand finanziert wird, wollen ARD und ZDF z. B. den Generationenabriss verhindern und ein jüngeres Publikum erreichen. Trimedial, also für Radio, Fernsehen und Internet gemeinsam zu produzieren und zu arbeiten, erfordert vielfach neue Arbeitsprozesse. Die verfassungsrechtlich geschützte bedarfsgerechte Finanzierung verstehen sie dabei als Verpflichtung, durch vielfältigen Qualitätsjournalismus einen Beitrag zum demokratischen Gemeinwesen zu leisten.
Wie ernsthaft sind die Einsparbemühungen der öffentlich-rechtlichen Programme? Wer ist vorbildlich, wer hinkt hinterher?
Das ist höchst unterschiedlich. Die Rundfunkanstalten haben z. B. beim Personal und der betrieblichen Altersversorgung, nicht zuletzt auf nachhaltiges Drängen der KEF die Zeichen der Zeit grundsätzlich erkannt. Die Tarifverträge, insbesondere auch zur Altersversorgung werden derzeit neu verhandelt, damit die Verpflichtungen auch in Zukunft finanzierbar bleiben. In anderen Bereichen unterstützt die KEF die Anstalten durch konkrete Vorgaben. So fordert sie im 20. Bericht ein Konzept zu den Personalkapazitäten und zur Art der Leistungserstellung. Vergleichbares gilt für die Produktionsbetriebe oder eine engere Kooperation im IT-Bereich. Es ist aber auch so, dass bei einer gut gefüllten Rücklage die Wünsche der Anstalten eher erfüllbar erscheinen. Das wurde in den Anmeldungen einzelner Anstalten sehr deutlich.
Wie schätzen Sie aktuellen Gebührenforderungen der Öffentlich-Rechtlichen ein? Ist das noch maßvoll?
Die Anstalten haben ihre Anmeldungen in dem Wissen vorgenommen, dass eine nicht unerhebliche Beitragsrücklage infolge des Systemwechsels von der Gebühr auf den Rundfunkbeitrag vorhanden ist. Deutliche Forderungen gehören allerdings zum Geschäft. Die KEF hat dann den Auftrag, die Anmeldungen der Sender sorgfältig zu prüfen und ggf. auf ein bedarfsgerechtes Maß zu kürzen.
Im Ergebnis müssen die Anstalten ihren Programmauftrag finanzieren können. Dem hat die KEF mit den Feststellungen im 20. Bericht Rechnung getragen.
Für 2021 prophezeien Sie einen Anstieg der Beiträge auf fast 20 Euro – ist das den Bürgern noch vermittelbar?
Eine Prognose ist das nicht. Die KEF hat ausgehend von den Feststellungen des 20. Berichts ein Szenario mit einem Anstieg auf 19,40 € errechnet. Für die Jahre 2021 bis 2024 haben wir einen Mehraufwand von 1,5 % / Jahr bei gleichbleibenden Erträgen angenommen. Der große Sprung gegenüber dem jetzigen monatlichen Beitrag von 17,50 € ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass die Rücklage aus den Mehrerträgen der Beiträge bis 2020 aufgebraucht sein wird. Danach müssen der Bedarf auf dem festgestellten Niveau und zusätzliche Mehraufwendungen ab 2021 finanziert werden. Wollte man auch für diese Zeit den Rundfunkbeitrag stabil halten, müssten Strukturen im Rundfunksystem verändert und Kosten in Höhe von ca. 2,5 Mrd. € eingespart werden. Mit diesem Szenario gibt die KEF den Ländern eine Grundlage für weitere Diskussionen. Wie viel Geld zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks notwendig sein wird, hängt ganz entscheidend von den Rahmenbedingungen und den Anmeldungen der Anstalten ab. Die Frage, ob ein bestimmter Beitrag der Bevölkerung vermittelbar ist, kann politisch diskutiert werden. Die Vermittelbarkeit ist aber kein Kriterium, das im Verfahren zur Bedarfsermittlung bei der KEF eine Rolle spielt.
