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Interview03.07.2019

Abos sind für viele Nutzer unattraktiv

Welche Chancen das Cloud Gaming bietet

Prof. Dr. Michael Bhatty, Mediadesign Hochschule für Design und Informatik Quelle: Mediadesign Hochschule Prof. Dr. Michael Bhatty Medienwissenschaftler Mediadesign Hochschule
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Wir sind in der Games-Branche am Anfang dieser Phase", sagt Prof. Dr. Michael Bhatty mit Blick auf das Cloud Gaming. Der Medienwissenschaftler, Game Designer und Autor erkennt einige Vorteile im Trend zum Game Streaming - aber er sieht auch Gefahren.





Immer mehr Anbieter setzen auf Cloud Gaming – welches sind die wichtigsten Vorteile und Nachteile des Game-Streamings für den Nutzer?
Cloud Gaming erlaubt das Spielen ohne eine lokale Installation. D.h., alle Daten (Bild, Ton, Code etc.) werden über das Internet von einem Server auf den Rechner des Spielers geladen. Das Cloud Gaming benutzt dabei einen externen Server, auf dem gespielt wird, d.h. dort werden die Eingaben von Maus, Tastatur, Buttons etc. abgefragt und interpretiert. Ein großer Streamingvorteil ist, dass man unmittelbarer mit dem Spiel beginnen kann. Viele Games lassen sich durch z.B. durch eine digitale Distribution, die abfragt, welche Inhalte der Spieler zuerst braucht, bis zu 20 Mal schneller starten (Beispiel RockIT).

Aber - böse gesagt - bedeutet dieses auch, dass man uns die private Festplatte wegnimmt. Man lagert die Daten und deren Verarbeitung auf den externen Server aus - mit allen Möglichkeiten der Kontrolle und Analyse der vom Nutzer eingegebenen Daten, die dann von seinem privaten Rechner an den externen Server gesendet werden, die damit einhergehen.

Im besten Fall lässt sich die User-Erfahrung mit solchen Daten positiv optimieren, weil Sie als Entwickler Schwächen in Ihrem Interaction Design aufdecken können (und bereits Geld damit verdienen, um überleben zu können). Oder Sie können dieses ökonomisch nutzen, z.B. wenn ein Spieler eine bestimmte Sache mehrfach betrachtet, ausprobiert und scheitert, dann kann all dieses abgefragt werden - und dann kann ich als Entwickler beispielsweise darauf reagieren, indem der Spieler eine Kaufaufforderung bekommt, nach dem Motto: „Guck mal, du bist jetzt 10 Mal gegen den Bossgegner gescheitert. Kauf doch diese Waffe, damit hast du bessere Chancen!“

Eine große Gefahr unserer freiheitlichen Werte besteht aber auch in der potenziellen Erfassung sensitiver Daten: Stellen Sie sich eine solche Spieldatenauswertung in einem totalitären System vor, in dem ‚gesellschaftlich unerwünschte‘ Spielverhaltensweisen für ein ideologisches Profiling verwendet werden könnten - eine Diktatur, die anhand der Spieldaten vom Server aus ermitteln kann, wer Verhaltensweisen zeigt, die ihn als „Rebellen gegen das System“ klassifizieren.

Im Film- und Audio-Bereich gibt es wenige große Anbieter mit einem umfassenden Angebot – wie viele Player verträgt der Cloud-Gaming-Markt aus Ihrer Sicht?
Wir sind in der Games-Branche am Anfang dieser Phase und wir müssen aufpassen, dass eben nicht nur wenige oder einzelne ein Syndikat oder gar Monopol bilden. Wir sind zudem in einer Zeit, in der wir als Nutzer selbst Dinge erschaffen können, OHNE auf den allmächtigen Publisher angewiesen zu sein. Vor circa 10 Jahren gab es den Begriff des „ProdUsers“, als des produzierenden Nutzers - und dies bedeutet, dass wir viele kleine Indie-Firmen haben können, die eben einen solchen Server bereitstellen.

Das Problem ist jedoch wiederum die Sichtbarkeit für die Spieler. Wir brauchen definitiv eine große Vielfalt, um damit neue Formen experimentell erfahrbar machen zu können.

Inwieweit lassen sich mit Abos im derzeitigen Rahmen große Blockbuster-Produktionen realisieren?
Wir müssen beim Spieler ein Verständnis dafür schaffen, dass große Blockbuster- oder AAA-Produktionen viel Geld kosten; wir sprechen von 100+ k Millionen Dollar/Euros. Games gibt es nicht umsonst - auch wenn viele Spieler dieses leider immer noch glauben.

Also ja, es lassen sich mit langfristigen Abos über die Zeit weitere Produktionen aufbauen, aber dies beinhaltet auch Gefahren - wir kennen dies aus der Goldenen Ära Hollywoods, aus dem Studio-System, in der von zehn Titeln nur einer erfolgreich war und die anderen neun mitfinanzierte. Ähnliches wird hier passieren.

Abos sind aber für viele Nutzer unattraktiv, weil sie irgendwann merken, dass sich die Gesamtsumme der Ausgaben auf einmal drastisch erhöht - Netflix plus AmazonPrime plus Sky plus, plus, plus. Es gibt neben Abos aber auch die unterschiedlichsten Monetarisierungsmodelle, die in der Regel dem zahlenden Spieler einen Zeitvorteil bringen; er muss beispielsweise nicht so lange darauf warten, um Objekt XYZ zu erhalten, sondern er kauft sich diesen Zeitvorteil durch echtes Geld.

Wir - die Gesellschaft und die Medien - müssen lernen, dass diese Mechanismen eine Notwendigkeit sind, denn auch die Entwickler müssen Geld verdienen. Mit den Abos und anderen Methoden lassen sich also zum einen laufende Titel dazu benutzen, um diese spielerisch zu optimieren oder inhaltlich zu erweitern, aber sie dienen auch dazu, genug Polster und Investitionsvolumen für die nächsten Projekte anzusammeln.

Welche Zukunft haben Konsolen angesichts des Trends zum Cloud Gaming Ihrer Ansicht auf lange Sicht?
Konsolen bieten ja bereits jetzt die Option auf den Online-Zugriff, sie sind also nur eine weitere - sehr komfortable Rechnerplattform. Die Playstation wird beispielsweise die entsprechenden Optionen weiter mit anbieten, jedoch wird der physische Datenträger - und damit die in dem Segment produzierenden Industriezweige - weiter an den Rand gedrängt.

Aber wir müssen lernen, damit umzugehen, dass wir mehr und dauerhaft online sind - die Matrix lässt grüßen!

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