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Wettbewerbsnachteil für deutsche Spiele-Entwickler

Produkte meist auf Nischen ausgerichtet

Thorsten Unger, Geschäftsführer GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V. Quelle: GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V. Thorsten Unger Geschäftsführer GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V. 21.04.2016
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Viele der in Deutschland entwickelten Computer- und Videospiele, bedienen ganz spezielle Nischen", sagt Thorsten Unger, Geschäftsführer des GAME Bundesverbandes der deutschen Games-Branche e.V.. Er sieht im internationalen Vergleich eine ganze Reihe von Standort-Nachteilen.







Der Verband BIU konstatiert in einem Bericht „obwohl hierzulande immer mehr Computer- und Videospiele verkauft werden, bleibt Deutschland als Produktionsstandort vergleichsweise unbedeutend“. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Viele der in Deutschland entwickelten Computer- und Videospiele, bedienen ganz spezielle Nischen. Diese sind meist auf den deutschen Markt ausgerichtet. So stehen Aufbauspiele, Simulationen und auch klassische Adventures hoch im Kurs der deutschen Spieler. Diese werden auch in der Regel von deutschen Entwicklern und Anbietern bedient. International erregen diese jedoch wenig Aufmerksamkeit und sind auch aus kommerzieller Sicht nicht von großer Bedeutung. Natürlich gibt es auch in Bezug auf „Games made in Germany“ Ausnahmen wie beispielsweise die Anno-Reihe von Blue Byte aus Mainz oder Crysis von Crytek aus Frankfurt. Diese Produkte genügen zwar internationalen Standards und sprechen auch international ein breiteres Publikum an. Sie stellen jedoch eher die Ausnahme denn die Regel dar. Die Produktionskosten hierfür sind unlängst so hoch, dass diese Projekte nur mit finanzkräftiger Unterstützung großer Publisher entstehen können. Aufgrund der aber im internationalen Vergleich eher nachteiligen Standortbedingungen, denken wir hier an Ausbildung, Größe der Entwicklercommunity und auch die Unterstützung von Bund und Ländern in Bezug auf Förderung, wählen größere Herausgeber andere Produktionsstandorte. Viele Nationen, wie Kanada, Frankreich oder Großbritannien sind hier besser aufgestellt.

Für Filme gibt es eine umfangreiche Förderstruktur in der Bundesrepublik. Brauchen Spiele-Entwickler eine ähnliche Förderlandschaft?
Deutsche Produkte können mit der internationalen Konkurrenz nur schwerlich mithalten. Erfolgreiche Studios in Deutschland verfügen über eine gewisse Historie, etablierte Marken oder liefern überdurchschnittliche Leistungen, etwa in Bezug auf Kreativität und Technologie ab. Die nachteilige Entwicklung des deutschen Standortes in der Breite stützt sich auf eine nicht konkurrenzfähige Fördersituation und den damit einhergehenden Bündelungseffekten. Ausländischen Mitbewerber stehen effektiv sehr oft viel höhere Budgets zur Verfügung, da durch verschiedene Instrumente, wie etwa Technologieförderung oder auch Taxbreak-Modelle mehr Mittel direkt in das Produkt investiert werden kann. So gibt es in den skandinavischen Staaten umfassende Start-Up Förderung für die Games-Branche, während in UK und Teilen Kanadas und der USA Steuererlasse für Games-Firmen an der Tagesordnung sind. Dadurch entsteht eine Wettbewerbsverzerrung, mit der unsere Branche ohne entsprechende Mittel auf lange Sicht nicht konkurrieren kann. Die Komplexität in Bezug auf die Finanzierung von Software was den Bankensektor angeht, verstärkt den Effekt. Auch ist es für Inhalte liefernde Game-Studios schwierig, Risikokapitalgeber für das Unternehmen zu gewinnen.

Experten verweisen auf die ausgeprägte Arbeitsteilung bei der Spiele-Entwicklung und benennen unter anderem den mangelnden Internet-Breitband in Deutschland als Problem für die Spiele-Entwickler. Wie sehen Sie das?
Als Hochtechnologiebranche treiben wir selbst die Weiterentwicklung von neuen Diensten und Inhalten. Hierfür ist selbstverständlich eine ausreichend erschlossene technische Infrastruktur notwendig. Der Vertrieb und auch die Produktion von Computer- und Videospielen ist international und erfolgt in großem Maße im Zuge des Internets. Der nur langsam voranschreitende Breitbandausbau und die im Vergleich zu anderen Staaten hohen Nutzungskosten sind ein hinderlicher Faktor für die Entwicklung des Games-Standort Deutschlands. Aus Sicht der Konsumenten im Sinne eines besonders guten Nutzererlebnisses sind hohe Übertragungsgeschwindigkeiten natürlich immanent wichtig.

Im Trend sind die sogenannten „Indies“. Welche Rolle spielen unabhängige, kleine und kleinste Unternehmen für die Branche heute und in Zukunft?
Indie-Entwickler sind ein Garant für frische, unverbrauchte und kreative Ideen. Durch den steigenden digitalen Vertrieb ist es in den letzten Jahren immer einfacher geworden Produkte, auch ohne großen Verleger selber zu vertreiben. Publisher müssen ihre Investitionen schützen und wählen hier meist den sicheren Weg, diesen müssen Indies nicht unbedingt bestreiten. Sie können mehr wagen. Aber auch hier gilt wieder: Ohne eine gesicherte Finanzierung und wohlmöglich staatliche Unterstützung vermag der Kreativste unter uns seine Ideen nicht umzusetzen. Sollte sich die Förderlandschaft in den nächsten Jahren nicht signifikant verbessern, werden viele der heutigen Indie-Studios nicht überleben können. Allein schon deswegen, weil Spielentwicklung keine Fließbandproduktion ist. Sie braucht Zeit und die Entwickler Essen auf dem Tisch und ein Dach über dem Kopf. Und die Wahrheit des Selbstverlegens ist auch, dass man sich um Visibilität und Marketing selbst kümmern muss. Und die damit verbundenen Kosten werden von vielen Unternehmen leider unterschätzt.

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